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Immer mehr Rufe nach Eingreifen der Bundes-CDU in Sachsen-Anhalt


Fernsehzuschauer mit einer Fernbedienung, über dts NachrichtenagenturIm Streit der schwarz-rot-grünen Koalition in Sachsen-Anhalt um die Anpassung des Rundfunkbeitrags werden die Rufe nach einem Eingreifen der Bundes-CDU lauter. "Ich hoffe sehr, dass die CDU im Bund noch irgendeinen ordnenden Einfluss hat, damit die CDU in Sachsen-Anhalt in der Mitte bleibt und nicht nach rechts abdriftet", sagte der politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). "Wir sind in ernsthafter Sorge."

Die Grünen in Sachsen-Anhalt hätten gemeinsam an der Seite von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) diese Kenia-Koalition vier Jahre lang "durch viele Stürme geführt und gegen alle Angriffe des AfD-Flügels der CDU verteidigt". Aber die CDU als stärkste Regierungspartei stecke in Sachsen-Anhalt in einem Machtkampf. "Da geht es nicht um 86 Cent mehr an Rundfunkgebühren, sondern um den Versuch, den eigenen Ministerpräsidenten zu beschädigen und die Tür zu einer Minderheitsregierung, die von der AfD toleriert wird, aufzustoßen", sagte Kellner. Der Grünen-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, warf der Landes-CDU vor, auf einen Bruch der schwarz-rot-grünen Regierungskoalition hinzuarbeiten. "Es sieht alles danach aus, als ob die CDU-internen Gegner der Kenia-Koalition die Abstimmung über den Rundfunkstaatsvertrag lediglich als Vorwand nehmen, um die Koalition zu beenden", sagte Striegel dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstagausgaben). "Einige Kräfte in der Partei, namentlich der Landeschef, stürzen gerade die Partei, die Koalition und das Land ins Chaos." Sie strebten, mitten in der Pandemie, den "Bruch der Koalition" an. Es sei zunehmend festzustellen, dass die CDU nicht an einer Einigung interessiert sei. "In den Verhandlungen mit der CDU mussten wir erleben, dass Kompromisse blockiert wurden. Verhandlungsführer erschienen ohne Mandat. Absprachen hatten sich nach wenigen Stunden in Wohlgefallen aufgelöst." Die CDU befinde sich in einem Machtkampf. Bei diesem gehe es "nicht um 86 Cent, sondern um den Sturz des eigenen Ministerpräsidenten". Landes-CDU-Chef Holger Stahlknecht habe "offen seinen eigenen Ministerpräsidenten in Frage gestellt". Stahlknecht scheine "eine Minderheitsregierung unter Duldung der AfD anzupeilen". Mit Blick auf die im Koalitionsvertrag beim Thema Rundfunkbeitrag festgeschriebene Beitragsstabilität sagte Striegel: "Auch mit der geplanten moderaten Erhöhung gibt es Beitragsstabilität. Mit den 86 Cent mehr im Monat wird nicht einmal die Inflationsrate ausgeglichen." Striegel forderte, die Landtagsabstimmung über den Koalitionsvertrag freizugeben. "Die Bürger und Bürgerinnen Sachsen-Anhalts haben ein Recht darauf zu erfahren, wie jeder einzelne Abgeordnete in dieser Frage entscheidet", sagte er. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak machte SPD und Grünen im Blick auf die Krise der "Kenia-Koalition" in Sachsen-Anhalt schwere Vorwürfe. "SPD und Grüne wollen den Koalitionsvertrag brechen, den sie am 24. April 2016 unterschrieben und von ihren Landesparteitagen zuvor abstimmen ließen", schreibt Ziemiak in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Samstagsausgabe). Darin hätten beide Parteien mit der CDU übereinstimmend Beitragsstabilität vereinbart. Dennoch hätten SPD und Grüne eine nüchterne Sachfrage zur moralisch aufgeladenen Grundsatzfrage erhoben. Und "schlimmer noch" hätten beide Koalitionspartner einen Streit in der demokratischen Mitte der Deutungshoheit von Populisten und Anti-Demokraten überlassen. Das Ziel sei eindeutig: "Es geht ihnen um nichts anderes als die Infragestellung der Glaubwürdigkeit der Union im Umgang mit der AfD." Es sei gefährlich, warnt Ziemiak, ausgerechnet den "systemrelevanten" öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Bühne für diesen parteipolitisch durchsichtigen Versuch zu missbrauchen. Dafür sei dieser viel zu bedeutend. Der Streit über die Höhe des Rundfunkbeitrages gehöre in die Mitte des demokratischen Ringens. Wer einen solchen Streit aus taktischen Gründen zum vermeintlichen Lackmustest für die Demokratie mache, handele staatspolitisch unverantwortlich: "Wer so agiert, spielt der AfD in die Hände." Gleichzeitig appellierte Ziemiak an SPD und Grüne, sich aus "staatspolitischer Verantwortung" für den Fortbestand der gemeinsamen Regierung in Sachsen-Anhalt zu entscheiden: "Es geht jetzt um Verantwortung und die Stabilität der Koalition." Unter anderem mit dem Angebot den Staatsvertrag zurückzuziehen, habe Ministerpräsident Rainer Haseloff einen Kompromissvorschlag vorgelegt, um die Koalition zu stabilisieren. Ziemiak kritisierte abermals scharf die AfD als eine Partei, die "am Rand unserer Verfassungsordnung" stehe: "Sie ist die Anti-Deutschland-Partei. Sie ist die neue politische Heimat vieler Neo-Nazis." Eine Zusammenarbeit mit der AfD wäre Verrat an unseren christdemokratischen Werten. An dieser Haltung habe sich nichts geändert.

Foto: Fernsehzuschauer mit einer Fernbedienung, über dts Nachrichtenagentur

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