Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat eindringlich davor gewarnt, Pflegeheime in der Pandemie für Besucher zu schließen. "Wir dürfen nicht noch einmal in eine Situation kommen, wie wir sie im Frühling hatten: Menschen, die sozial isoliert sind, die alleine sterben, weil sie nicht besucht werden dürfen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben). Man müsse verhindern, dass Menschen vereinsamen.
Als "große Erleichterung" bezeichnete Giffey die Corona-Schnelltests. "Sie ermöglichen, dass Besucher zu ihren Verwandten kommen können, ohne sie in Gefahr zu bringen. Wir können sehr dankbar sein, dass es dieses Mittel jetzt gibt." Der Zeitaufwand für das Testen zahle sich am Ende aus. "Es muss alles unternommen werden, damit Besuche in Pflegeheimen möglich bleiben. Für Menschen mit Demenz ist es besonders wichtig, einen regelmäßigen Kontakt zu haben und nicht zu vereinsamen." Allerdings gebe es Situationen, in denen Besuche nicht möglich seien. "Wenn es ein akutes Ausbruchsgeschehen in einer Einrichtung gibt, kann man nicht noch Besucher reinlassen." In jedem Fall solle es ermöglicht werden, dass "Menschen, die im Sterben liegen, nicht alleine sind und dass Angehörige Abschied nehmen können". Vor den Weihnachtstagen appellierte Giffey an die Eigenverantwortung der Bürger. "Wer Oma und Opa besuchen will, sollte sich gut überlegen, was er in der Woche davor macht." Und jeder sollte daran denken, dass es sehr viele Menschen gebe, die Weihnachten gar nicht mehr erleben, sagte sie. "Wir nehmen das immer so hin, diese Meldungen von Corona-Toten. Aber es muss auch darüber gesprochen werden, welches Leid das für diese Familien bedeutet." Die Sozialdemokratin rechnet an den Weihnachtstagen im Corona-Lockdown mit einer Zunahme an häuslicher Gewalt. In der Zeit des ersten Lockdowns seien die Zahlen "hochgegangen um etwa 25 Prozent gegenüber 2019, auffällig war es an den Osterfeiertagen", sagte sie den Funke-Zeitungen. "Ich fürchte, an Weihnachten erleben wir das wieder." Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" mache zurzeit "bis zu 480 Beratungen in der Woche zu häuslicher Gewalt - das ist etwas weniger als im Frühling", berichtete die Ministerin. Sie gehe allerdings davon aus, dass es "ein deutlich größeres Dunkelfeld" gebe. Im Gegensatz zum ersten Lockdown im Frühjahr sind Schulen und Kitas derzeit geöffnet.
Foto: Mann im Rollstuhl, über dts Nachrichtenagentur