Geschlossene Schulen verschärfen die Chancen-Nachteile, die Schüler aus bildungsfernen Familien in Deutschland haben. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), über die das "Handelsblatt" berichtet. In Deutschland sind die Bildungschancen demnach in besonderem Maße vom Elternhaus abhängig.
Erfolge aus den ersten Jahren nach dem "Pisa-Schock" aus dem Jahr 2000 seien zuletzt wieder verloren gegangen, schreibt Studien-Autorin Christina Anger. Die Lockdowns werden nun die Ungerechtigkeit weiter verschärfen, so die These der IW-Studie. Ein deutliches Indiz dafür liefert eine Untersuchung aus Belgien, wo der erste Lockdown die Schulen ähnlich traf wie in Deutschland: Danach entsprach der Lernverlust in neun Wochen Homeschooling mehr als einem halben Schuljahr. Zugleich hatte die Ungleichheit stark zugenommen zulasten von benachteiligten Kindern. "Ähnliche Effekte" erwartet das IW auch in Deutschland. Eine US-Studie zur Nutzung eines Mathematik-Tools im Homeschooling ergab, dass der Lernfortschritt bei allen Schüler einbrach. Besonders groß war der Effekt aber bei Kindern aus benachteiligten Familien. Das IW fordert daher in diesem Bereich massive Anstrengungen der Schulen: Sie müssten schnell die Lücken der Schüler füllen, die zu Hause kaum etwas gelernt haben. "Chancenbeauftragte" der Schulen sollten jetzt Förderangebote organisieren und so verhindern, dass massenhaft Schüler "Klassen wiederholen müssen oder ohne Abschluss abgehen", mahnt Anger. Zugleich fordert sie mehr Lehrkräfte für Schulen mit einem besonders hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund oder hohem Förderbedarf. Dafür müsse ein "Sozialindex" den familiären Hintergrund der Schüler statistisch erfassen und Lehrer für den Einsatz an Brennpunktschulen zusätzlich honoriert werden.
Foto: Corona-Hinweis an einer Schule, über dts Nachrichtenagentur