Die Kapriolen am WTI-Ölmarkt, mit dem historischen Fall des Mai-Kontraktes bis auf knapp MINUS 40 USD, hat eine der ganz großen Schwächen von ETFs und Indexprodukten auf den Ölpreis offenbart.
In den USA hatten Anleger mehrere Milliarden USD in den US Oil ETF (USA: USO). Dieser war maßgeblich für den Long-Squeeze am Montag verantwortlich. Dies liegt an der Struktur des ETFs, der jeweils von einem Öl-Kontrakt in den nächsten „rollt“. Wenn nun aber die kommenden Fälligkeiten weit über dem aktuellen Future handeln (und somit eine extreme Contango-Situation vorherrscht), dann entstehen hohe Rollverluste.
Eine Abbildung des Ölpreises ist damit utopisch und schlichtweg nicht möglich. Im Gegenteil: Selbst wenn der Ölpreis am langen Ende stabil bleibt, aber am kurzen Ende (wie am Montag) kollabiert, werden diese ETFs oder Ölpreiszertifikate ebenfalls mit nach unten gerissen. Hinzu kam beim US OIL ETF, dass dieser wohl am Montag in den nächsten Kontrakt (Juni) gerollt hat, dann aber seine Anlagebedingungen änderte. Die Manager veränderten die Struktur des Fonds mehrfach, um zusätzliche Verluste zu vermeiden. So kam es, dass diese gestern im Juni-Kontrakt wieder massiv verkauften und damit den Kurs erneut um über 50% nach unten drückten.
In welchem Panikmodus die Öl-ETF-Anbieter sind zeigt eine behördliche Einreichung, die ergab, dass der US Oil-ETF letzte Woche noch ein Engagement von etwa 80% im Front-Month-Kontrakt (also im nächst-fälligen) und 20% im Second-Month-Kontrakt inne hatte. In diesem Mega-Contango in unseren Augen ein unverzeihliches Vorgehen!
Gestern ändert man erneut die Verteilung: "Ab dem 22. April 2020 kann USO als Reaktion auf die anhaltenden außergewöhnlichen Marktbedingungen auf den Rohölmärkten, einschließlich Super Contango, in jeden verfügbaren Monat oder in unterschiedlichen Prozentsätzen investieren", heißt es in einem Zulassungsantrag. Eine Einreichung ergab, dass der Fonds derzeit 40% seines Portfolios in Juni-Kontrakten, 55% in Juli-Kontrakten und 5% in August-Kontrakten hält.
Für alle Anleger kommt diese Änderung allerdings zu spät, denn der Krug ist quasi schon in den Brunnen gefallen. Dies gilt auch für Zertifikate, die den WTI-Ölpreis abbilden. Unsere persönliche Meinung ist, dass die Anbieter sich hier auf eine beachtliche Klagewelle einstellen können. Denn eine solch extreme Contango-Situation darf man als Anbieter nicht einfach aussitzen, sondern sollte pro-aktiv gemanagt werden. Sollte es hier zu Klagen kommen, würden wir uns im Falle einer Schädigung definitiv anschließen.
Unter folgendem Link können Sie die Öl-Futures direkt verfolgen:
So lange der Super-Contango besteht (Juni-Kontrakt jetzt bei 11,50 USD, Juli-Kontrakt bei 20,50 USD, September bei über 25 USD), ist wenig Hoffnung, dass man Anleger hier in einem vorgeblichen 1:1-Verhältnis auch nur annähernd die Ölpreisentwicklung abgebildet bekommt. Um auf einen steigenden Ölpreis zu spekulieren, machen derzeit nur Ölaktien Sinn. Sobald die Lagerbestände fallen (was wohl erst beim Hochfahren der US-Wirtschaft der fall sein wird), dürfte hier die Zeit zum Kauf gekommen sein. Einstweilen halten wir aber lediglich Gazprom als Öl-Play im Depot.
Hier noch ein Interview von Michael Mross mit Sascha Opel zum Thema: https://www.youtube.com/watch?
Bank of America: Gold-Ziel 3.000 USD
Beim Gold wurde gestern in kürzester Zeit der Future ebenfalls stark unter Druck gesetzt. Aber im Bereich 1.680 USD scheint inzwischen eine ziemlich hartnäckige Unterstützung zu liegen. Dieses Spielchen ist nicht neu und überrascht nur all jene, die mit diesen „Drückungsmaßnahmen“ der letzten 12 Jahre (so lange geht dies nach unseren Beobachtungen mindestens bereit).
Überrascht hat uns dagegen das Kursziel der Bank of America, die in einer brandneuen Studie den Goldpreis bei 3.000 USD in den nächsten 18 Monaten sehen!
Dort heißt es (übersetzt):
„Aufgrund des Lockdowns durch Covid-19 könnte das US-BIP im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr um 30% sinken. Dies ist der stärkste Rückgang in der modernen Geschichte. Andere Länder wie Japan werden im zweiten Quartal 2020 wahrscheinlich einen Produktionsrückgang von 21,8% verzeichnen, während China im ersten Quartal 2020 nur einen Rückgang von 6,8% verzeichnete.
Da die Zentralbanken sich beeilen, ihre Bilanzen zu erweitern und die Vermögenswerte und Verbraucherpreise zu unterstützen, könnten viele Risiken sozialisiert werden. Die Größe der Bilanzen der wichtigsten Zentralbanken lag in den letzten zehn Jahren ebenso wie der Goldpreis stabil bei rund 25% des BIP. Da die Wirtschaftsleistung stark schrumpft, die Haushaltsausgaben steigen und sich die Bilanzen der Zentralbanken verdoppeln, könnten Fiat-Währungen unter Druck geraten. Und Investoren werden nach Gold streben. Daher prognostizieren wir jetzt einen durchschnittlichen Goldpreis von 1.695 USD je Unze im Jahr 2020 und 2.063 USD je Unze im Jahr 2021.
… Hebt unser 18-Monats-Goldziel von 2000 USD / Unze auf 3000 USD / Unze
Ein starker USD-Hintergrund, eine geringere Volatilität an den Finanzmärkten und eine geringere Schmucknachfrage in Indien und China könnten zwar Gegenwind für Gold bleiben. Über die traditionellen Fundamentaldaten für Angebot und Nachfrage von Gold hinaus besteht finanzielle Repression in einem außergewöhnlichen Ausmaß.
Die Zinsen in den USA und den meisten G-10-Volkswirtschaften werden wahrscheinlich über einen sehr langen Zeitraum bei oder unter Null liegen, da die Zentralbanken versuchen, die Inflation wieder über ihre Ziele zu bringen. Über die Realzinsen hinaus werden aus unserer Sicht Variablen wie das nominale BIP, die Bilanzen der Zentralbanken oder die offiziellen Goldreserven die wichtigsten Determinanten des Goldpreises bleiben.
Da Zentralbanken und Regierungen ihre Bilanzen bzw. Haushaltsdefizite verdoppeln (siehe Fed-Bilanz, die sich in diesem Jahr voraussichtlich verdoppeln wird), haben wir uns auch entschlossen, unser 18-Monats-Goldziel von 2.000 USD auf 3.000 USD je Unze zu erhöhen.“ (Quelle: Bank of America)
Wir meinen: Gegen dieses 3.000 USD-Szenario hätten wir nichts einzuwenden. Ihre und unsere Goldaktien im Depot natürlich auch nicht.