Investieren im Paradigmenwechsel: Osmium 1500 mal seltener als Gold
von Hans-Jörg Müllenmeister
Langjährige, fast manische Geldschöpfung und wachsende Inflation sind die Garanten der kommenden Rohstoff-Inflation – und das schon vor den Impulsgebern Corona- und Ukrainekrise. Wie ein schwarzer Schwan gründelt der langfristige Rohstoffzyklus im trüben Finanzgewässer. Ein steiler Anstieg der Rohstoffpreise wird in Bälde folgen. In der weltweit schwärenden Finanzkrise könnte das hochseltene Edelmetall Osmium Furore machen und sich neben Gold als der neue Rettungsanker des Privatvermögens erweisen. Wenn wir tatsächlich in eine neue und turbulente Finanzära eintreten (Man bewahre uns vor dem Digitalgeld mit Ablaufdatum), stehen wir Anleger vor der Aufgabe, unser Vermögen unter diesen außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen schützend zu stabilisieren; die Kaufkraft sollte erhalten bleiben. Bereits bis 99% seines Wertes hat das Fiat-Geld seit 1971 verloren. Unser blutleeres Geldsystem wird erkalten, um das andere Wort zu vermeiden – das lehrt die Geschichte.
Kellerkind Osmium Os unter den Edelmetallen in neuer Tracht
Seit Anbeginn der Menschheit ist der Edelmetall-Methusalem „Gold“ begehrt und hochgeschätzt – schon mehr als 4.500 Jahre vor dem Jungen mit der Goldmaske; wie hieß er noch: Tutanchamun. Aber erst seit einigen Jahren hob man das reinrassige Nesthäkchen der Edelmetalle „Osmium“ aus der kristallinen Taufe. Das gelang erstmals 2014 in einem Geheimlabor in der Schweiz durch ein verwickeltes chemisches Verfahren in 160 Einzelschritten – so viel sei verraten.
Seinen Taufnamen erhielt Osmium von den Altgriechen (osme für Geruch), besser gesagt, von seinem englischen Entdecker Smithson Tennant: Er stellte einen rettichartigen Geruch fest, als er 1804 Platin in Königswasser auflöste und dabei zwei versteckte Mitglieder der Platinfamilie, nämlich Iridium und Osmium als unlöslichen Rückstand entdeckte. In Verbindung mit Sauerstoff bildet sich daraus der Edelstinker Osmiumtetroxid OsO4 mit einer Dichte von nur 4,91 g/ccm, ähnlich der Dichte von Titan. In der Tat vergingen über 220 Jahre, ehe man nach der Extraktion den toxischen Rückstand, bekannt als Osmium-Schwamm, in eine „gesunde“ Metall-Kristallstruktur brachte. Lange Zeit blieb also diese Osmium-Modifikation das Schmuddelkind der Edelmetalle, denn wer hatte schon ein Interesse daran, das merkwürdige Stinkpulver zu vermarkten? Und doch: Osmiumtetroxid OsO4 wird zur Fixierung und Kontrastverstärkung von Lipiden (Fetten) und Zellmembranen in der Elektronenmikroskopie eingesetzt, und Ganoven aufgepaßt: auch bei der Spurensicherung (Fingerabdrücke).
Osmium: das Edelmetall mit Inselbegabung
Osmium ist ein Faszinosum in puncto Seltenheit. Es führt die Rangliste der Seltenheit unter den nicht-radioaktiven Elementen an. Dagegen ist Gold ein abgedroschener Gassenhauer der Edelmetalle. Man schätzt, dass weltweit die Natur sage und schreibe nur rund siebzehn Kubikmeter Osmium in ihrem Schoß hütet; indes lässt sich zukünftig vermutlich weltweit nur ein Kubikmeter abbauen. Dann ist aber Ende Gelände! In der gesamten noblen Platin-Familie mit Platin selbst, Ruthenium, Rhodium, Palladium, Osmium und Indium sind in 333 Tonnen Platinerz nur etwa 1 Gramm Osmium verborgen!
Osmium widersetzt sich dem Zusammendrücken mit 462 Gigapascal. Das ist einzigartig unter allen Elementen, denn das entspricht dem 4,62-millionenfachen Atmosphärendruck. In dieser Liga spielt auf Erden nur noch der Diamant mit. Allerdings toppen Neutronensterne diese sagenhaften Werte nochmals um 20 Größenordnungen: Die Neutronensterndichte beträgt etwa zwei Giga-Tonnen pro Kubikzentimeter. Zugegeben, das ist schlichtweg galaktisch!
Auch in puncto spezifischer Dichte ist das stahlblaue Edelmetall als Ausnahmeelement führend. Füllen wir dazu gedanklich einen 10-Liter-Eimer mit Wasser – der wiegt dann netto an die 10 kg. Jetzt füllen wir hypothetisch denselben Eimer mit reinrassigem, kristallinem Osmium, dann wöge dieser unglaubliche 22,61 kg x 10 = 226,1 kg. Das ergänzende Extrem: Zur Füllung müßten fast zwei ganzjährige Weltförderungen des raren Elements herhalten. Gutunterrichtete Kreise sprechen nämlich davon, dass nur etwa 100 kg des kostbaren Gutes pro Jahr seine kristalline Pracht erhält.
An dieser Stelle mal eine Quiz-Frage unter uns: Warum ist Osmium-Tetroxid OsO4 satte 4,6 mal leichter als reines Osmium (Os-Dichte 22,61)? Die angehängten Sauerstoffatome in der chemischen Formel wirken doch nicht als tragende Heißluftballons für das Superschwergewicht Osmium.
Übrigens, die extrem hohe Dichte von Osmium ist auch ein Kaufargument, und damit seine Unfälschbarkeit. Warum? Bei der Legierung mit einem anderen Metall verringert sich zwangsweise die Dichte: Diese Fälschung wäre als Artefakt leicht erkennbar: ein Kubikzentimeter Os muss eben 22,61 Gramm wiegen, nicht weniger! Anders steht es bei Goldfälschungen mit preiswertem Wolframkern (etwa gleiche Dichte 19,3 von Au oder W). Da wäre eine Fälschung nicht so leicht zu entlarven.
Einige technische Os-Applikationen
Osmium ist vor allem beständig. Selbst Königswasser kann Osmium bei niedrigen Temperaturen nicht auflösen. Seine Abriebfestigkeit übersteigt die aller anderen Stoffe wie z.B. Diamant. Kristallines Osmium ist mit einer Mohshärte von 7,5 so hart wie Wolfram und wesentlich härter als die Edelmetalle Silber mit 2,7 und Gold mit 2,5.
Erste technische Anwendung des Metalls gab es am Anfang des 20. Jahrhunderts: als „Glühfaden“ in Glühlampen. Aber wegen der schwierigen Verarbeitung – Osmium ist sehr spröde – und wegen des hohen Preises, vor allem wegen seiner Giftigkeit in der Modifikation Osmiumtetroxid, machen stattdessen Wolfram und Tantal das Rennen. Dieses Gerangel um Platz eins als Glühfaden (eigentlich ein Fadenwerk, ein Filament) steckt buchstäblich im Firmen-Akronym Osram. Dazu mal eine Quizfrage an den Physik-interessierten Leser. Wie „benimmt“ sich das Os-Filament, wenn man es vor dem Einschalten stark herunter kühlt, und zwar unterhalb seiner Sprungtemperatur von 0,66 Kelvin? Osmium wird dann nämlich zum Supraleiter, der den Strom verlustfrei (Leitungswiderstand gleich Null) transportiert. Leuchtet es, verglüht es oder was passiert sonst?
Legierungen aus Osmium in Medizin und Forschung
In abriebfestesten und verschleißenden Applikationen wie in Wellen und Zapfen im Instrumentenbau oder bei elektrischen Kontakten sowie Spitzen von Füllfederhaltern, sind harte osmiumhaltige Legierungen erste Wahl. Aus 90% Platin und 10% Osmium bestehen medizinische Implantate und künstliche Herzklappen sowie Teile in Herzschrittmachern. Eine relativ neue medizinische Applikation ist die Nutzung von Osmium-Verbindungen als Antikrebsmittel.
In der modernen Analytik lässt sich Osmium durch instrumentelle Verfahren wie Neutronenaktivierungsanalyse, Atom- und Massenspektrometrie nicht nur nachweisen, sondern mit hoher Genauigkeit quantitativ bestimmen. Damit ist die sagenhafte Reinheit der Osmiumkristalle von 99,9995% nachweisbar. Dagegen ist selbst das reinste Gold ein echter Schmutzfink.
Biologische Funktionen von Osmium sind weder in menschlichen noch in anderen Organismen bekannt. Bemerkenswert aber: Wussten Sie, dass man im menschlichen Blut je nach Körpergewicht im Schnitt rund 0,229 mg Gold findet? Die gesamte Menschheit führt also rund 1,75 Tonnen Gold in corpore spazieren; zusammen genommen wäre das schon ein riesiger Gold-Nugget; in Osmium-Seltenheit ausgedrückt, wären das aber bloß ein Os-Äquivalent von etwa 1 kg. Übrigens dient das Isotopen-Verhältnis 187 Rhenium zu 187 Osmium in Chronometern zur Altersbestimmung von Eisenmeteoriten.
Reinheit und damit die Seltenheit sind relativ
Die extreme Reinheit von 99,9995% – ohne Beigaben durch anderer chemische Elemente, macht das Edelmetall Os im kristallinen Zustand so begehrenswert. Paradox, aber gerade eine Verunreinigung mit Fremdatomen als Beigabe kann sogar ein Element selten und hochdotiert machen. Gelegentlich leistet sich die Natur ein Husarenstück bei sog. Fancy Diamonds, den raren Farbdiamanten. Man denke an den tiefblauen Hope-Diamanten im Smithsonian-Museum, der, wie die einsame museale Mona Lisa, mit einer Milliarde US-D versichert ist. Seine Blaufärbung verdankt der Hope einer seltenen Natur-Beigabe: Eine „Priese“ von Bor-Atomen im ppm-Bereich, die ihren Platz sparsam im kubisch-flächenzentrierten C-Kristallgitter des Diamanten einnehmen. Diese chemische Verunreinigung katapultiert den „farblosen“ Diamanten-Preis um mehrere Größenordnungen in die Höhe, also gerade wegen der farbgebenden Fremdatome.
Schmuckstück und/oder Wertspeicher
Genug zu seiner industriellen Bedeutung. Schließlich hat kristallines Osmium und damit in ungiftiger Form, auch Einzug in die Schmuck- und Uhrenproduktion gehalten. Die funkelnden Oberflächen der eisblauen Osmium-Kristalle bilden hochreflektierende Spiegel: Sie reflektieren das Licht bis in den Infrarotbereich zu 100% zum Betrachter. Gegen diese glänzende Pracht führen Diamanten optisch ein Schattendasein. Kein Wunder, dass Goldschmiede in ihren Pretiosen aus Gold oder Platin immer mehr prächtige Kristall-Ensembles aus Osmium einsetzen. Diese schmucken Kleinode geben zurecht das Gefühl, etwas Exklusives zu besitzen.
Natürlich gebricht es Osmium an der Noblesse der anderen edlen Investments wie Gold und Diamanten. Spekulanten haben Osmium kaum auf dem Radarschirm; es bleibt weitgehend unbekannt. Stattdessen investierte der smarte Anleger in Kryptowährungen, in überteuerten Hightech-Aktien und erneuerbare Energien, um sich von den ausgetretenen Trampelpfaden der Anlagen abzuheben.
Osmium Preisentwicklung
Alles Osmium der Welt passt in einem Würfel mit einer Kantenlänge von 2,6 Meter; alles je geschürfte Gold der Welt füllt indes einen korpulenten 24-m-Kubus. Osmium lässt sich über Generationen weitergeben.
Es gibt m. E. bisher keine Warenterminbörse für Osmium, also kein spekulatives Daytrading. Heute ist eine Goldunze etwa 1900 Euro wert. Eine Os-Unze als kostbarstes Edelmetall der Welt, repräsentiert zurzeit einen Wert von 40.000 Euro, ist also 21-mal wertvoller, obwohl Os etwa 1500-mal seltener ist.
Und um eine Million Euro z.B. in physischem Silber zu transportieren, brauchen Sie einen LKW, dagegen lässt sich Osmium für eine Million Euro bequem in der Anzugtasche verbergen.
Die Osmium-Preisbewegung die letzten Jahren zeigt einen stabilen Trend, ohne die Zappelphilipp-Schwankungen wie bei Gold oder Silber. Noch wirken auf die papiermäßige „Goldpreis-Gestaltung“ gewisse Banken ein, vor allem der US-Dollarkurs, Angebot und Nachfrage aber erst in zweiter Linie.
Experten sprechen vom „Big-Bang“, dem Null-Ereignis für kristallines Osmium in den nächsten 10 bis 15 Jahren: Seine zunehmende Knappheit bis zur Neige, könnte den Preis rapide gegen Norden schnellen lassen. Das ist vielleicht eine Chance, mit dem Edelmetall später eine ansehnliche Rendite zu erzielen. Vorausgesetzt, man investiert vor dem sog. Big-Bang, um danach seine höchst wertvolle Geldanlage wieder zu verkaufen.
Kristallines Osmium ist eine spannende Materie. Machen Sie sich kundig. Vor nicht-kristallinem Osmium in Form von Würfeln oder Schmelzperlen sei allerdings auch wegen der Giftigkeit durch Sauerstoff-Kontakt abzuraten.
Für die kommenden unruhigen Zeiten schlafen Sie gern auf einem Edelmetall-unterlegten Ruhekissen, z.B aus Au, Pt oder Os – ergänzt mit Silberlingen für das brotnötige Kleingeld.