Die FDP hat bei der Kontrolle von Dieselfahrverboten eindringlich vor den Plänen der Bundesregierung für eine automatische Erfassung von Nummernschildern gewarnt.
"Dass die Bundesregierung eine flächendeckende Kennzeichen-Erkennung einführen will, ist wirklich die Krönung", sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer dem "Handelsblatt". "Was mit dem Argument Terror schon keine gute Idee war soll nun mit dem Umweltschutz begründet werden", so Theurer weiter.
Grün übertünchter Überwachungsstaat
Doch auch ein "grün übertünchter Überwachungsstaat" sei ein Überwachungsstaat. "Unsere Polizisten sollen Schwerverbrecher bekämpfen, nicht Dieselfahrer", so der FDP-Politiker. Theurer hält den Kurs der Bundesregierung in der Dieselkrise generell für falsch.
Er schloss sich der Kritik des Generalsekretärs des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke, an, der Politik und Autoindustrie mit Blick auf drohende Fahrverbote jahrelange Tatenlosigkeit vorgeworfen hatte. Schwannecke habe mit seinem Vorwurf des Nichtstuns vollkommen Recht, sagte der FDP-Fraktionsvize.
"Frau Merkel muss sich jahrelanges Versagen zu Lasten des Handwerks und der Autofahrer vorwerfen lassen", so Theurer. Nur mit der sofortigen Überprüfung des Messverfahrens, der Messstationen und der Grenzwerte könne der "Fahrverbots- und Kontrollwahnsinn in Deutschland" noch gestoppt und eingedämmt werden.
"Es ist schon fünf nach zwölf für den Mobilitätsstandort Deutschland - höchste Zeit für eine Trendwende", so der FDP-Politiker.
Hamburgs Datenschützer schlagen Alarm
Hamburgs Datenschützers Johannes Caspar hat "erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken" gegen die Pläne der Bundesregierung für eine automatische Erfassung von Nummernschildern geäußert.
"Die automatische Erfassung von Halter- und Fahrerdaten ohne unverzügliche Auswertung und Löschung im Nichttrefferfall greift in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung ein", sagte Caspar dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe).
"Die daneben vorgesehene, nicht näher begründete Löschungsfrist von sechs Monaten geht erheblich über die einschlägige Verjährungsgrenze von drei Monaten für Verkehrsordnungswidrigkeiten hinaus." Die Daten könnten bis zu diesem Zeitpunkt aufgehoben werden, warnte Caspar, es sei denn, die Berechtigung, den Ort zu befahren, werde "positiv festgestellt".
Dies lasse ohne weitere Regelungen zur Zweckbindung zu, Daten von Autofahrern auf Vorrat zu erheben. Das aber sei "mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar", betonte der Datenschützer. "Mit diesem Ansatz ist eine umfassende automatisierte Überwachung des Straßenverkehrs nur noch wenige Schritte entfernt."
Kritisch sieht Caspar in diesem Zusammenhang, dass die Fahrverbote "ohne vorherige Festlegung und Beschränkung auf besonders gefährdete Bereiche" ein weiträumiges Aufstellen von automatisierten Kennzeichenlesegeräten ermöglichten. "Es erfolgten dabei nicht nur der Abgleich des Halters und der Fahrzeugdaten, sondern auch die Erhebung eines Bildes des Fahrers". Mit der Folge, so Caspar weiter, dass die Regelung somit "unterschieds- und anlasslos alle Autofahrer und Kfz" erfasse, "die sich rechtmäßig oder rechtswidrig innerhalb von Verbotszonen bewegen".
Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums, das den Gesetzentwurf aus dem Verkehrsministerium geprüft hatte, sagte zu möglichen datenschutzrechtlichen Problemen dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe): "Wichtig ist, dass nur die Daten solcher Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer über den Zeitpunkt der Kontrolle hinaus gespeichert werden, gegen die im Einzelfall der Verdacht besteht, gegen ein Fahrverbot verstoßen zu haben."
Gegen sie werde dann ein Bußgeldverfahren eingeleitet. In den konkreten Verdachtsfällen müssten die Daten gespeichert werden, betonte die Ministeriumssprecherin, um Verstöße gegen Fahrverbote auch ahnden zu können. "In allen Fällen, bei denen das Fahrzeug in die Fahrverbotszone einfahren durfte, werden die Daten nach Abgleich mit dem Fahrzeugregister sofort ohne weitere Auswertung spurenlos gelöscht." Dies entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.
Foto: Michael Theurer, über dts Nachrichtenagentur