Bestechliche Generalkonsulats-Mitarbeiter in Erbil / Irak sollen Flüchtlinge nach Deutschland geschleust haben
Im deutschen Generalkonsulat in Erbil soll es zu erheblichen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Visa an syrische Flüchtlinge gekommen sein. Nach SPIEGEL-Informationen ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin seit kurzer Zeit wegen des Verdachts des Einschleusens von Ausländern.
Internen Untersuchungen zufolge haben Beamte bislang rund zwei Dutzend Verdachtsfälle zwischen August und Dezember 2017 identifiziert, in denen Anträge für eine Aufnahme in sogenannte Landesaufnahmeprogramme für Syrer manipuliert worden sein sollen. Mit den daraufhin erteilten Visa konnten Flüchtlinge via Flugzeug nach Deutschland einreisen. Unklar ist bislang, ob es nicht noch weitaus mehr Fälle geben könnte.
Einige der auf diese Weise eingereisten Syrer schilderten dem SPIEGEL das Vorgehen: Demnach zahlten sie Schleusern in Erbil zwischen 2000 und 13.000 Dollar. Diese Männer hätten über gute Kontakte ins Generalkonsulat verfügt, hieß es. Nach SPIEGEL-Informationen stehen mehrere irakische Ortskräfte aus der Visa-Abteilung des Generalkonsulats im Verdacht, mit den Schleusern gemeinsame Sache gemacht zu haben. Darauf sollen digitale Spuren hinweisen, die bei der Bearbeitung der manipulierten Visa-Anträge hinterlassen wurden.
Nach SPIEGEL-Informationen sollen die bestochenen Mitarbeiter des Generalkonsulats falsche Anträge in das sogenannte RK-Visa-Programm eingespeist haben, in dem anstehende Visa-Erteilungen erfasst werden. Dabei nutzten sie wohl massive Schwachstellen im Kontrollsystem der Auslandsvertretung und machten sich die allgemeine Überlastung des Personals zunutze.
Konsequenzen hatte das mutmaßliche Schmiergeld-System in Erbil bislang offenbar nicht. Nach SPIEGEL-Informationen sollen verdächtigte Ortskräfte weiterhin im Generalkonsulat tätig sein. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren erst im Oktober ins Rollen gekommen, nachdem der SPIEGEL die Bundespolizei mit seinen Recherchen konfrontiert hatte.
Warum der Vorgang zuvor so lange liegen geblieben war, ist unklar. Die Bundespolizei teilte mit, es seien zunächst weitere Ermittlungen notwendig und „größere Aktenbestände“ auszuwerten gewesen. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, man habe bereits im Dezember 2017 von Unregelmäßigkeiten in Erbil erfahren und organisatorische Maßnahmen ergriffen, um weitere Fälle zu verhindern. Außerdem seien die Ermittlungsbehörden „umgehend“ verständigt worden.