Verfassungsschutz-Gutachten bescheinigt laut Spiegel der AfD zahlreiche Verstöße gegen den Grundsatz der Menschenwürde. In einem Flügel ergäben sich sogar „tatsächliche Anhaltspunkte“, die das Ziel haben, Verfassungsgrundsätze teilweise zu beseitigen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wirft dem Thüringer Landesvorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD), Björn Höcke, vor, in seinen Äußerungen mehrfach gegen den Grundsatz der Menschenwürde verstoßen zu haben. Das geht aus dem 436-seitigen Gutachten des BfV über die AfD hervor, das dem SPIEGEL vorliegt.
So werde in der von Höcke konzipierten „Sofort Agenda“ von einer „naturgegebenen Verschiedenheit von Völkern“ ausgegangen, die „jedwede Integration unmöglich“ mache. Eine solche „Überhöhung“ des Volkes sei mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar.
Hinzu kämen „klar fremdenfeindliche“ Aussagen, wenn Höcke etwa davon spreche, „multikulturelle Gesellschaften“ seien „multikriminelle Gesellschaften“. Wenn zudem Moscheen als Symbole einer „Landnahme“ bezeichnet würden, werde dem Islam als Ganzes die Kompatibilität mit einem Rechtsstaat abgesprochen.
BfV-Präsident Thomas Haldenwang hatte die AfD am Dienstag auf Basis des Gutachtens zum „Prüffall“ erklärt. Die Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ (JA) und die von Höcke angeführte AfD-Gruppe „Der Flügel“ wurden als „Verdachtsfälle“ deklariert. Gegen sie kann das Bundesamt nun auch nachrichtendienstliche Mittel einsetzen.
Man habe „stark verdichtete Anhaltspunkte“ dafür, dass es sich beim „Flügel“ um eine „extremistische Bestrebung handelt“, zitiert der SPIEGEL weiter aus dem Gutachten.
Das Gründungsdokument der Teilorganisation, die so genannte „Erfurter Resolution“, enthalte zwar keine verfassungsfeindlichen Aussagen. Aus den Verhaltensweisen der Gruppe ergäben sich aber „tatsächliche Anhaltspunkte“, dass der „Flügel“ das Ziel habe, Verfassungsgrundsätze teilweise zu beseitigen.
Ähnlich bewerten die Gutachter die „Junge Alternative“: Die Gruppe richte sich „gegen das Demokratieprinzip“. Man sei auf „zahlreiche pauschal diffamierende Aussagen über die Regierung und das gesamte politische System“ gestoßen.
Die verfassungsschutzrechtliche Zulässigkeit sei zudem überschritten, heißt es weiter in dem Gutachten, wenn etwa Muslime als ihrer Natur nach kriminell, aggressiv, triebgesteuert und gefährlich dargestellt würden. Dazu zählten auch Äußerungen von einer „Überschwemmung Deutschlands mit dem Lumpenpack Afrikas und dem Orient“.
Die Vielzahl solcher Aussagen von JA-Funktionären belege, dass es sich dabei nicht um einzelne Entgleisungen handle, sondern diese „charakteristisch für das politische Konzept der Jugendorganisation der AfD“ seien.