Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag üben Länder und Kommunen harsche Kritik an der von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) geplanten geringeren Bundesbeteiligung an den Flüchtlingskosten.
"Der Bundesfinanzminister legt mit seinem unsensiblen Vorschlag die Lunte an den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dem "Handelsblatt" (Donnerstagsausgabe).
Wo Bürgermeister gezwungen seien, mit Verweis auf Flüchtlingskosten Ausgaben zu erhöhen oder Leistungen zu streichen, entstehe politischer Sprengstoff, so der CDU-Politiker weiter.
Auch Hamburgs Regierungschef Peter Tschentscher (SPD) kritisierte den Plan, den Beitrag des Bundes zu den Flüchtlingskosten von derzeit 4,7 Milliarden Euro pro Jahr bis 2022 auf dann noch 1,3 Milliarden Euro jährlich abzusenken.
"Das ist aus Sicht der Länder nicht akzeptabel", sagte Tschentscher, der derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) innehat. Die Kommunen übten ebenfalls Kritik: Derzeit lebten hierzulande auch 180.000 Flüchtlinge mit einer Duldung, und ihre Zahl nehme zu, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy.
"Für diese geduldeten Menschen zahlt der Bund im Moment keinen Cent, die Kommunen brauchen aber allein für sie einen Milliardenbetrag pro Jahr", so Dedy weiter.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, erinnerte daran, dass pro Jahr immer noch rund 160.000 Flüchtlinge neu nach Deutschland kämen. "Das entspricht der Bevölkerung einer Großstadt", sagte Landsberg.
Die Finanzierung von Unterbringung und Integration sei "eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", die "nicht nach Kassenlage gestaltet werden" dürfe.
Laut Bundesfinanzministerium würden die Länder in den kommenden zwei Jahren nach Scholz‘ Modell aber noch mehr Geld bekommen als bekannt.
Nach einer Modellrechnung des Finanzministeriums, über die das "Handelsblatt" berichtet, würden die Länder im kommenden Jahr insgesamt 2,3 Milliarden Euro erhalten, 2021 dann 1,6 Milliarden.
Die höheren Zahlungen resultierten aus den Pauschalen für Flüchtlinge, die bereits in den vergangenen Jahren gekommen sind. Ab 2022 bliebe der Betrag bei 1,25 Milliarden Euro – vorausgesetzt, es kommen jährlich wie vom Finanzministerium unterstellt 78.000 Flüchtlinge, heißt es in der Modellrechnung weiter.
In dem Konzeptpapier verteidigt das Finanzministerium das Modell, wonach der Bund ab 2020 für jeden anerkannten Flüchtling eine Pauschale von 16.000 Euro zahlen will, verteilt über fünf Jahre.
"Faktisch ist der für die Integration zur Verfügung stehende Betrag noch höher, da der Bund die Pauschale auch für ausgereiste Flüchtlinge weiterzahlt und die Länder diese Mittel für die hier verbliebenen Flüchtlinge verwenden können", heißt es in dem Papier des Finanzministeriums, über das das "Handelsblatt" berichtet.
Foto: Flüchtlinge an einer Aufnahmestelle, über dts Nachrichtenagentur