Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag haben Politiker mehrerer Parteien wie auch die Gewerkschaft der Polizei sich skeptisch gezeigt, dass mögliche Obergrenzen für Feiern in Privaträumen überwacht werden könnten.
"Ein polizeiliches Betretungs- und Kontrollecht der Wohnung kann sich vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung auf keinen Fall aus den Corona-Verordnungen der Länder ergeben", sagte der innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Volker Ullrich, der "Welt" (Dienstagsausgabe). Vielmehr bräuchte es dazu eine gesetzliche Grundlage.
Zudem müsse jede Kontrolle verhältnismäßig sein, was angesichts der Eingriffstiefe nicht einfach zu begründen wäre. "Im Ergebnis sehe ich eine solche Befugnis nicht. Vielmehr geht es bei privaten Zusammenkünften vornehmlich um die Wahrnehmung von Vernunft und Eigenverantwortung."
Auch der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle hat große Bedenken gegen eine Obergrenze-Regelung und die entsprechende Überwachung. "Beschränkungen für private Zusammenkünfte sollten die Länder nur unter besonderen Umständen erlassen. Nur wenn das Infektionsgeschehen stark zunimmt und unübersichtlich wird, dürfen Obergrenzen in Betracht kommen." Die Unverletzlichkeit der Wohnung gelte auch in Corona-Zeiten.
"Dass staatliche Behörden in Privatwohnungen Feierlichkeiten kontrollieren, ist schwer vorstellbar und passt nicht zum Charakter einer freiheitlichen Demokratie." Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bestätigt die Einschätzung. "Die Wohnung und das Haus als solche sind ein durch das Grundgesetz äußerst geschützter Bereich, sodass die Polizei im Rahmen der Prävention nicht wirklich tätig werden kann. Es bedarf demnach eines konkreten Verdachts", sagte ein Sprecher der "Welt".
"Sollte es Hinweise auf Verstöße oder sogar Straftaten geben, zum Beispiel durch einen meldenden Nachbarn oder aber auch die gewonnene Kenntnis über Partys durch Social Media, ist die Polizei durch das jeweilig geltende Polizeigesetz aber legitimiert und sogar verpflichtet, tätig zu werden."
Im Rahmen der Gefahrenabwehr bedürfe es dafür nicht zwingend eines richterlichen Beschlusses. Dagegen ist Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz nicht nur für eine Beschränkung der Teilnehmerzahl bei privaten Feiern, sondern auch für eine Überwachung. "Die Politik ist in der Verantwortung, die Corona-Maßnahmen mit ihren teils relevanten Einschränkungen des privaten Lebens verhältnismäßig auszugestalten, aber auch möglichst transparent und nachvollziehbar zu kommunizieren", sagte von Notz der Zeitung.
Andernfalls riskiere sie, dass sich Menschen nicht an die Vorgaben hielten. "Fachleute führen an, dass gerade private Feiern derzeit zu einem Anstieg von Corona-Fällen führen. Leider scheint es aus heutiger Perspektive angemessen und angeraten, die Obergrenzen herunterzusetzen. Ich glaube, die ganz überragende Mehrheit der Menschen hat hierfür durchaus Verständnis."
Von Notz appelliert an die Länder, zu möglichst einheitlichen Regelungen zu kommen, auch und gerade für Familienfeiern. "Dort, wo es zu relevanten Verstößen kommt, müssen diese im Sinne des Allgemeinwohls nach dem Ermessen der Behörden auch geahndet werden."
Foto: Licht in Wohnungen, über dts Nachrichtenagentur