Trotz drakonischer Kontaktbeschränkungen gibt es auch in Zeiten des Corona-Regimes eine Möglichkeit, sich mit Freunden und Bekannten zu treffen. Ganz legal!
von Meinrad Müller
Was tun, wenn unsere hochgeschätzte Obrigkeit einerseits jährlich mit 250 Steuermillionen die Demokratie „fördern“ will, anderseits aber keine Möglichkeit besteht, den Gedankenaustausch am Stammtisch oder anderswo zu pflegen?
Wie wollen wir, per „ordre di mufti“ eingesperrt in unsere vier Wände, mit anderen Freunden diskutieren und auf demokratischem Wege um dringend erforderliche Lösungen ringen?
Doch das bös gestrafte Wahlvolk ist erfinderisch, einer hat ein Schlupfloch entdeckt, das am Beispiel Berlins nachfolgend lebendig erklärt wird.
Das Schlupfloch
Heutzutage Zusammenkünfte von Personen in geschlossenen und beheizten Räumen abzuhalten, ist trotz Verbot möglich!
Ganz ohne Reservierung oder behördliche Genehmigung können diese Abende wie folgt vonstattengehen gehen: Partei- oder Vereinsmitglieder oder eben nur eine Gruppe von Freunden, die sich nach wechselnden Vorschriften nur aus einer gewissen Zahl von Haushalten und auch nur mit einer Obergrenze an Personen treffen dürften, haben nun einen ganz offiziell erlaubten Treffpunkt gefunden, zumal Restaurants geschlossen sind.
Die Antwort lautet: Treffen in einem rollenden Bahn-, S- oder U-Bahn-Waggon, wo all diese schikanösen behördlichen Abstandsregeln nicht gelten. Hunderte Orte dieser alten Normalität blieben so unbemerkt von vielen erhalten, mitten im Gewirr der Verbote und profanen Heilsversprechen.
Konkret: Die S-Bahnen 41 und 42 umrunden auf der Ringstrecke Berlin. Die Fahrt über diese 37 Kilometer dauert rund eine Stunde und bietet folglich genügend Zeit, um sich zu unterhalten.
Auch die U 2 von Berlin-Pankow bis Ruhleben mit deren 20 Kilometern oder die U 7 mit ihren 31 Kilometern von Spandau bis Rudow bieten sich förmlich dazu an.
Und wer eine Monats-, Wochen- oder Tageskarte hat, der kann einfach in der S-Bahn sitzen bleiben und diese Bahnreisen täglich mehrfach im Kreise seiner Freunde erleben, im oder gegen den Uhrzeigersinn um Berlin oder aber mehrmals hin und zurück.
Treffen sich zur kalten Lockdownzeit nun 20 Parteimitglieder oder Freunde, die derzeit in keinem Lokal zusammenkommen können in einem dieser öffentlichen Gefährte, so sind sie zunächst in geheizter und überdachter Umgebung, was auch bei der derzeitigen Klimaerwärmung hilfreich ist.
Der Zustieg der einzelnen Freunde kann an beliebigen Haltestellen erfolgen, wenn man den Zugplan zuvor studiert und beispielsweise den ersten oder letzten Waggon als Treffpunkt vereinbart.
Würde man sich hingegen in einem Park oder vor dem Rathaus treffen, so könnte das ordentliche Ordnungsamt schnell von „Zusammenrottung“ unter Missachtung der Abstandsregeln sprechen, was eine Bestrafung oder gar eine Berieselung mittels Wasserwerfer nach sich ziehen könnte. All diesem weltlichen Kummer kann nun ganz legal entgangen werden.
Gesetzestreu wie wir alle sind, nutzen wir deshalb ab sofort nun den einzig noch verbliebenen Freiraum für Versammlungen, bei welchen die Abstandsregeln noch nicht behördlich bzw. von freiwilligen Hilfssheriffs „aus der Zivilgesellschaft“ verfolgt werden, den öffentlichen Personenverkehr. Dort ist das Einhalten von 1,5 Meter Abstand einfach nicht möglich und offensichtlich behördlich auch so akzeptiert.
Wie auch, wenn selbst die muskelbepackten Fahrkartenkontrolleure wie Heringe zusammen mit den Passagieren dicht gedrängt in der S- oder U-Bahn stünden. Doch erst in den Abendstunden von 20 bis 24 Uhr bietet sich mehr Platz, folglich sind diese Zeiten ideal für Besprechungen jeder Art.
Bewohnern in ländlichen Regionen sei das Wochenendgruppenticket der Bahn empfohlen, das beliebig viele Fahrten in einer Region erlaubt. Der Blick auf die wechselnden Landschaften der Heimat vor dem Fenster, verbunden mit Diskussionen zum Erhalt derselben, bieten eine einmalige Chance beides zu verbinden.
Einziges Manko dieser „Ausflüge“ ist, dass weder eine Bedienung anzutreffen ist, noch selbst auffällig gebechert werden darf. Doch an vielen Haltestellen laden Kioske ein, um einen Kaffee oder ein Bier im Stehen zu sich zu nehmen.
Wen es hungert, der trifft an vielen U- und S-Bahnhöfen Kioske mit Currywurst und Döner (mit alles). Männer mit ihrem „Feierabendbier“ in der Hand in der U-Bahn sitzend, gehören jedoch seit eh und je zum gemütlichen Stadtbild.
Und auf einen „mobilen Musikanten“ mit Gitarre muss in Berlin nicht lange gewartet werden, um mit Weisen seines fahrenden Volkes oder mit „El Condor pasa“ in allen Variation unterhalten zu werden.
Stecken wir dem S- und U-Bahn-Musiker ein Scheinchen zu, so bliebe er zur Unterhaltung der Gesellschaft auch mehrere Runden um Berlin mit im Waggon. Demokratie in guter Stimmung zu entwickeln ist doch allemal besser, als mit heruntergezogenen Mundwinkeln Diktatur zu üben.