Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, dubiose Online-Plattformen, wie den bekannten Messengerdienst Telegram schärfer zu regulieren.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) erfasse bislang nur Plattformen, die eine große Reichweite hätten. Messenger, mit denen Nutzerinnen und Nutzer hauptsächlich privat oder in kleinen Gruppen kommunizieren, seien davon ausgenommen. „Mittlerweile gibt es aber Messenger-Kanäle, mit denen Zehntausende erreicht werden“, sagte Lambrecht dem Handelsblatt.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass ungebremst strafbare Hasskommentare oder Aufrufe zur Gewalt verbreitet werden.“
Die Ministerin plädierte für europaweit verbindliche Pflichten der Internetplattformen. „Die werden wir mit dem Digital Services Act – dem europäischen Recht für digitale Dienste – schaffen.“
Es gebe mit den EU-Kollegen einen „breiten Konsens, Konsequenzen zu ziehen und den Regulierungsrahmen auf weitere Kommunikationskanäle auszudehnen“, sagte Lambrecht. Das NetzDG liefere gute Anhaltspunkte dafür, wie strafbare Inhalte schnell und konsequent gelöscht werden könnten.
Mit Blick auf die Unruhen in den USA und US-Präsident Donald Trump, der Tausende seiner Anhänger über seine Social-Media-Kanäle aufgefordert hatte, zum Kapitol zu marschieren, erhob Lambrecht schwere Vorwürfe gegen große Online-Plattformen wie Twitter oder Facebook.
„Es war bisher Teil des Geschäftsmodells der sozialen Netzwerke, über solche aggressiven Posts ihre Nutzerzahlen zu steigern und damit ihre Werbeumsätze zu erhöhen“, sagte sie. „Wut und Aggression dürfen aber kein Geschäftsmodell sein.“
Kritisch sieht Lambrecht indes die Sperrung diverser Online-Konten von Trump. „Ich möchte nicht, dass private Unternehmen die abschließende Entscheidung darüber treffen, was auf ihren Plattformen zulässig ist und was nicht“, sagte die Ministerin. „Einschränkungen der Meinungsfreiheit bedürfen einer staatlichen Überprüfung, im Streitfall vor unabhängigen Gerichten.“