CDU-Politiker Friedrich Merz hat das Wahlergebnis der Grünen in Sachsen-Anhalt als Signal für die Bundestagswahl gedeutet. Dem Nachrichtensender "Welt" sagte er: "Heute Abend ist der Baerbock-Zug entgleist. Ähnlich wie bei Martin Schulz vor vier Jahren. Das wird nichts".
Die Partei, für die Baerbock als Kanzlerkandidatin in den Bundestagswahlkampf zieht, kam in dem ostdeutschen Bundesland laut Hochrechnungen nur auf etwa 6,5 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Merz zeigte sich erfreut über das Ergebnis seiner Partei: "Die CDU kann noch Wahlen gewinnen. Das sei ein erfreulicher Tag für Sachsen-Anhalt und die ganze CDU". Er lobte die "überragende" Arbeit von CDU-Ministerpräsident Rainer Haseloff. Die Wahl in Sachsen-Anhalt würde aber auch den Kanzlerkandidaten der Partei stärken.
Die CDU habe mit Armin Laschet "Tritt gefasst" und sei mit einer "geschlossenen Mannschaft" angetreten. Kritik verteilte Merz in Richtung Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU): "Wir haben trotz der schweren Fehler in der Gesundheitspolitik gewonnen." Die CDU werde aus den Fehlern in der Corona-Zeit lernen müssen. Der Triumph sei aber ein Wahlsieg von Rainer Haseloff, die Bundespolitik habe bei der Landtagswahl nicht im Vordergrund gestanden.
Nach den Worten des Vorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban, ist der CDU-Sieg auch ein Erfolg des Unionkanzlerkandidaten Armin Laschet. "Glückwunsch an Reiner Haseloff und die starke JU und CDU in Sachsen-Anhalt. Das ist aber auch ein Sieg für Armin Laschet, der als Teamplayer die CDU personell und inhaltlich breit aufstellt", sagte Kuban dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Im April hatte sich die Nachwuchsorganisation von CDU und CSU für Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder mehrheitlich für Söder als Kanzlerkandidaten ausgesprochen.
Über den jetzigen Koalitionspartner im Bund, sagte Kuban angesichts deren Schwäche in Sachsen-Anhalt: "Die SPD ist nicht mehr relevant." Und die Grünen blieben Klientelpartei. Anstatt Wahlkampf zu machen, seien die Grünen damit beschäftigt gewesen, den Lebenslauf ihrer Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock "aufzupolieren", sagte Kuban mit Blick auf jüngste Korrekturen der Grünen-Vorsitzenden ihres im Internet veröffentlichten Lebenslaufs.
Die Bundesvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, bedauert die sich abzeichnende Niederlage der Linken in Sachsen-Anhalt. "Das ist eine Niederlage für die gesamte Linke. Daran gibt es nichts zu beschönigen", sagte Hennig-Wellsow dem "Spiegel". Die rechten Parteien hätten zusammen über 60 Prozent. Sachsen-Anhalt habe "klare konservativ bis extrem rechte Mehrheiten".
"Für uns ist das Ergebnis ein klarer Warnschuss vor den Bug", sagte die Linken-Chefin. Im Gegensatz zu Thüringen oder Berlin habe die Linke in Sachsen-Anhalt keine Gestaltungsmacht. "Alle wissen jetzt, dass es in den nächsten Monaten um alles geht. Dennoch ist für mich die Bundestagswahl im Herbst weiter mehr als offen." Es gebe keinen konservativen Amtsbonus mit Merkel und "an das vorausgesagte Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Grünen und Union mache ich jetzt nach Sachsen-Anhalt mal ein ganz dickes linkes Fragezeichen".
Sahra Wagenknecht, Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl in Nordrhein-Westfalen, sagte dem "Spiegel": Die Spitzenkandidatin in Sachsen-Anhalt, Eva von Angern, habe "einen hochengagierten Wahlkampf geführt und auf die richtigen Themen gesetzt. Aber gegen den negativen Bundestrend war sie am Ende leider machtlos."
Sachsen-Anhalt reihe sich ein in die Folge der Wahlniederlagen der Linken der letzten Jahre. "Ich hoffe, dass die Parteispitze daraus endlich die richtigen Schlussfolgerungen zieht, damit wir diesen Abwärtstrend noch vor der Bundestagswahl stoppen und umkehren können. Wir müssen wieder zu der Politik zurückkehren, mit der wir erfolgreich waren, statt den Grünen hinterherzulaufen und unsere Wähler hauptsächlich in der gehobenen Mittelschicht der Großstädte zu suchen", so die frühere Bundestagsfraktionsvorsitzende Wagenknecht.
Jessica Rosenthal, Vorsitzende der Jusos, zeigt sich besorgt aufgrund des Wahlergebnisses der AfD in Sachsen-Anhalt. Gegenüber dem Nachrichtenportal Watson sagte sie: "Es ist kein Erfolg, dass die AfD in Sachsen-Anhalt diese Wahl nicht gewonnen hat. Statt einigermaßen erleichtert aufzuatmen, müssen wir uns weiterhin jeden Tag klarmachen, was das bedeutet: Jeder fünfte Wählende hat eine in Teilen faschistische Partei gewählt."
Weiter erklärte Rosenthal: "Es ist jetzt vor allem an der CDU zu beweisen, dass ihre Brandmauer nach rechts mehr ist als eine fadenscheinige Gardine. Maaßen als Bundestagskandidat in Thüringen, die rechtskonservative Werte-Union und eine stetige Diskursverschiebung nach rechts sprechen eine sehr deutliche andere Sprache. Und Armin Laschet schweigt zu alledem."
Der Vorsitzende der Grünen Jugend, Georg Kurz, kritisiert ebenfalls die CDU. Gegenüber Watson erklärte er: "Dass Teile der CDU immer wieder offen das Bündnis mit den Rechtsradikalen suchen, ist verheerend: Damit wird Menschenfeindlichkeit normalisiert - was nicht nur die Demokratie insgesamt, sondern viele Menschen auch ganz unmittelbar in ihrer Sicherheit bedroht.
Statt Signalen nach Rechts braucht es eine tatsächliche Verbesserung der Lebensverhältnisse im Osten: Löhne und Renten sind niedriger, Arbeitsplätze gehen verloren, Investitionen fehlen, kurz: Die Ungleichheit zwischen Ost und West ist nach wie vor groß. Menschen brauchen Perspektiven und soziale Sicherheiten, auch und gerade im Osten."
Jens Teutrine, Vorsitzender der Jungen Liberalen (Julis), betont den Willen der FDP, in Sachsen-Anhalt mitzuregieren. "Wir sind bereit zur Übernahme von Regierungsverantwortung, und zwar dann, wenn wir unsere Inhalte umsetzen können", sagte er zu Watson. Teutrine freut sich vor allem über das Ergebnis der FDP bei den jüngeren Wählern. "Gemeinsam mit der FDP-Spitzenkandidatin Lydia Hüskens haben unsere Juli-Wahlkämpfer insbesondere in der jungen Generation überzeugt. Das zeigen auch unsere Ergebnisse bei den unter 30-Jährigen. Dort erzielten wir nach aktuellen Hochrechnungen mit 13 Prozent unser bestes Wahlergebnis."
Foto: Wahlplakat zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2021, über dts Nachrichtenagentur