Deutschland wird 2021 rund 38 Milliarden Euro nach Brüssel überweisen. Das berichtet die "Welt" (Freitagausgabe) unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf einer Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Gerald Ullrich. Das sind rund 6,1 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr, als 31,9 Milliarden Euro flossen.
Der Zuwachs entspricht einem Plus von mehr als 19 Prozent. Die Bundesregierung beruft sich ihrerseits auf Angaben der Europäischen Kommission. Der EU-Haushalt ist in diesem Jahr zwar in absoluten Zahlen leicht geschrumpft. Dass Deutschland trotzdem mehr als bisher zahlt, hat zwei Gründe: Zum einen müssen Deutschland und die 26 anderen Mitgliedstaaten nach dem Brexit die Lücke füllen, die der Austritt Großbritanniens gerissen hat. Großbritannien war nach Deutschland der größte Nettozahler in der EU.
Zusätzlich sorgt die solide Verfassung der deutschen Wirtschaft dafür, dass der deutsche Beitrag in diesem Jahr steigt. Denn welchen Anteil jeder EU-Staat zum Gemeinschaftshaushalt beisteuert, richtet sich nach seinem Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung der EU. Deutschlands Wirtschaft ist vergleichsweise gut durch die Coronakrise gekommen, deshalb ist der Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung der EU in der Pandemie gestiegen, während der Anteil anderer Länder geschrumpft ist. Damit steigt auch Deutschlands Anteil an der Finanzierung des EU-Haushalts.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass Deutschland im vergangenen Jahr 15,5 Milliarden Euro netto in den EU-Haushalt gezahlt hat. Von der Umverteilung der Mittel durch Brüssel profitierte im vergangenen Jahr am stärksten Polen. Davon geht zumindest die Bundesregierung aus. "Unter Zugrundlegung von Angaben der Europäischen Kommission zu Rückflüssen und Finanzierungsbeiträgen geht die Bundesregierung davon aus, dass Polen bei einem Finanzierungsbeitrag von 5,7 Milliarden Euro und Rückflüssen von 18,1 Milliarden Euro im Jahr 2020 der Mitgliedstaat mit dem höchsten operativen Nettosaldo aus dem EU-Haushalt war", heißt es in der Antwort der Bundesregierung.
Auch in diesem Jahr dürfte Warschau demnach der größte Nettoempfänger sein. Das ist heikel, schließlich steht Polen genauso wie Ungarn, das ebenfalls zu den Nettoempfängern gehörte, wegen seines Umgangs mit der Rechtsstaatlichkeit in der Kritik. "Wenn wir darüber sprechen, Mitgliedstaaten, die gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen, mit Mittelkürzungen zu sanktionieren und gleichzeitig für solche Mitgliedstaaten weiterhin die höchsten Auszahlungen aus dem EU-Haushalt einplanen, verliert die EU-Haushaltspolitik an Glaubwürdigkeit", sagte FDP-Politiker Ullrich.
Foto: EU-Fahnen, über dts Nachrichtenagentur