Christian Waldhoff, Professor für Öffentliches Recht und Finanzrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin, sieht den Grundsatz der Freiheit der Wahl durch das Chaos in Berliner Wahllokalen beeinträchtigt. "Es ist eine Beeinträchtigung, wenn ich das Wahllokal nur schwer erreiche oder stundenlang anstehen muss", sagte er der "Welt" (Donnerstagausgabe). "Wenn ich nach 18 Uhr noch abstimmen kann, beeinträchtigt das auch die Gleichheit der Wahl, weil der Großteil der Wähler mit weniger Informationen gewählt hat", so Waldhoff.
Der Staatsrechtler berichtete von seinem Einsatz als ehrenamtlicher Wahlhelfer. Zunächst seien nur zwei Wahlkabinen vorhanden gewesen, später seien die Stimmzettel für die Berliner Wahlen ausgegangen. "Angesichts der Kumulation von vier Abstimmungen in Berlin überrascht die Gedankenlosigkeit derjenigen, die diese Wahlen organisiert haben", so Waldhoff weiter. Der Rechtswissenschaftler hält es aus demokratietheoretischer Sicht für unangemessen, dass am Wahltag in Berlin ein Marathon stattfinden durfte.
"Der wichtigste Akt, an dem die Bürger an der politischen Willensbildung teilnehmen, darf nicht zum Opfer einer kommerziellen Sportveranstaltung werden." Waldhoff ergänzte: "Dass es in der Hauptstadt eines der entwickeltesten Länder der Welt nicht möglich ist, demokratische Wahlen angemessen zu organisieren, ist ein gravierendes Demokratieproblem. Der Rücktritt der Landeswahlleiterin ist aus politischen und moralischen Gründen die einzig richtige Konsequenz."
Foto: Wahllokal am 26.09.2021, über dts Nachrichtenagentur