Nord Stream Sprengung: Ex-Agent entdeckt laut SPIEGEL mysteriöse Manöver russischer Schiffe in Tatortnähe.
Rund um die späteren Explosionsorte an den Nord-Stream-Pipelines gab es mehr russische Schiffsaktivitäten als bislang bekannt. Wie der SPIEGEL in einer Kooperation mit skandinavischen Medien berichtet, steuerten bereits im Juni vergangenen Jahres mehrere russische Schiffe die Gegend östlich der dänischen Insel Bornholm an, ihr automatisches Identifikationssystem (AIS) hatten sie ausgeschaltet. Bei einem dieser so genannten Dark Ships handelte es sich um die rund 86 Meter lange Sibirjakow, die als hydrografisches Forschungsschiff für Unterwasseroperationen ausgerüstet ist.
Ein ehemaliger Mitarbeiter eines britischen Geheimdienstes hat die Schiffsbewegungen rekonstruiert. Er durchforstet täglich Funkfrequenzen, auf denen die Schiffe regelmäßig Positionsdaten an russische Stellen durchgeben. Der Marine-Experte teilte seine Funde mit den öffentlich-rechtlichen Sendern Dänemarks (DR), Norwegens (DRK), Finnlands (Yle) und Schwedens (SVT), der SPIEGEL konnte seine Aufzeichnungen vorab sichten und prüfen. Eine Analyse der norwegischen Satellitenfirma KSAT bestätigte die Präsenz von Dark Ships zu den relevanten Zeitpunkten – eines davon rund drei Kilometer von den späteren Sabotageorten entfernt, ein weiteres praktisch genau darüber.
Beide Schiffe bewegten sich der KSAT-Analyse zufolge über einen längeren Zeitraum kaum. Es handele sich um starke und wertvolle neue Informationen, sagte der britische Marineexperte und Autor H I Sutton nach Sichtung der Materialien. Die Erkenntnisse seien »ungewöhnlich und sehr verdächtig«, die Sibirjakow operiere in diesem Gebiet üblicherweise nicht.
Bislang war die Präsenz mehrerer russischer Dark Ships wenige Tage vor den Explosionen bekannt, über die das Nachrichtenportal »T-Online« zuerst berichtet hatte. Sie hatten den Einsatz eines dänischen Patrouillenboots ausgelöst, das Fotos von der Szenerie und den russischen Dark Ships schoss. Der Ex-Geheimdienstler kann auch diesen Vorfall anhand seiner mitgeschnittenen Daten untermauern. Neben der SS750, die über Kräne und ein Mini-U-Boot verfügt, war ihm zufolge der russische Seenotrettungskreuzer »SB 123« vor Ort – auch dieser ist ausgestattet mit einem Lastkran, der schwere Objekte heben kann. Was genau die Schiffe rund um die Explosionsorte vorhatten, kann der Brite anhand seiner Daten nicht sagen.
In westlichen Sicherheitskreisen heißt es, alle Verdachtsmomente würden genau analysiert. Als heißeste Spur gilt dort allerdings weiterhin ein in Deutschland gechartertes Schiff, auf dem Experten des Bundeskriminalamts im Januar Sprengstoffrückstände fanden, wie sie auch bei der Pipelinesabotage zum Einsatz gekommen waren.