Großer Gefangenen-Austausch zwischen Ost und West. Es handelt sich um den größten derartigen Deal seit dem Ende des Kalten Krieges. Auch sogenannter "Tiergarten-Mörder" aus Berlin frei.
Die Gefangenen-Liste:
Von russischer Seite wurden ausgetauscht:
- Alsu Kurmasheva (47): russisch-amerikanische Journalistin, Urteil: sechseinhalb Jahre
- Kevin Lik (19): russisch-deutscher Schüler, vier Jahre Strafkolonie
- Liliya Chanysheva (42): Oppositionspolitikerin, Ex-Wegbegleiterin von Alexej Nawalny, siebeneinhalb Jahre Haft
- Ksenia Fadeeva (32): russische Oppositionelle, neun Jahre Haft
- Alexandra Skochilenko (33): russische Künstlerin, Musikerin und Aktivistin, sieben Jahre Strafkolonie
- Oleg Orlov (71): russischer Menschenrechtsaktivist, zweieinhalb Jahre Straflager
- Andrei Pivovarov (42): russischer politischer Aktivist, vier Jahre Haft
- Vadim Ostanin (47): ehemaliger Chef von Alexej Nawalnys Antikorruptions-Stiftung, neun Jahre Haft
- German Moyzhes: deutsch-russischer jüdischer Anwalt, seit Mai 2024 in Untersuchungshaft
- Demuri Voronin: deutsch-russischer Wissenschaftler, 13 Jahre und drei Monate Hochsicherheits-Strafkolonie
- Patrick S. (38): deutscher Tourist, bisher in Untersuchungshaft
Von westlicher Seite wurden ausgetauscht:
- Wadim Krasikow (58) (Berlin, "Tiergartenmörder")
- Vadim Konoshchenok: russischer Schmuggler im Auftrag des FSB, ausgetauscht von den USA
- Vladislav Klyushin: Geschäftsmann mit Kreml-Verbindungen, ausgetauscht von den USA
- Roman Seleznev: russischer Hacker, ausgetauscht von den USA
- Artem Dultsev und Anna Dultseva: russische Spione, ausgetauscht von Slowenien
- Mikhail Mikushin: russischer Spion, ausgetauscht von Norwegen
- Pavel Rubtsov: russischer Spion des Militärgeheimdienstes, ausgetauscht von Polen
- plus zwei Minderjährige.
Insgesamt sind bei dem größten Gefangenenaustausch seit dem Ende des Kalten Krieges nach Angaben des türkischen Präsidialamts 26 Personen involviert. Der Austausch fand auf dem Flughafen von Ankara statt. 13 Personen wurden nach Deutschland gebracht, drei in die USA, zehn Personen – darunter zwei Minderjährige – im Gegenzug nach Russland. Der „Wall Street Journal“-Reporter Evan Gershkovich (32) wurde am 29. März 2023 in Jekaterinburg während einer Recherche-Reise festgenommen. Es war das erste Mal seit dem Kalten Krieg, dass ein Journalist, der für ein amerikanisches Medium arbeitet, wegen Spionage in Russland eingesperrt wurde. Am 19. Juli 2024 wurde Gershkovich in einem Schein-Prozess zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt.
Offensichtlich wertvollster Gefangener auf deutscher bzw. westlicher Seite für Russland: Wadim Krasikow (58). Der sogenannte Tiergarten-Mörder war 2019 unter dem Decknamen Wadim Sokolow nach Berlin gereist.
Der wegen des sogenannten "Tiergartenmordes" in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilte Wadim Krassikow ist rechtlich durch eine Verfügung des Generalbundesanwaltes auf freien Fuß gekommen. Dieser habe nun von der Vollstreckung der Freiheitsstrafe abgesehen, teilte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag am Flughafen Köln/Bonn mit, wo er mehrere im Rahmen des Gefangenenaustauschs freigekommenen Personen empfangen will.
Er habe angesichts der Bedeutung dieser Angelegenheit auch frühzeitig den Oppositionsführer über das Vorhaben informiert und ihn auch über die heutige Aktivität rechtzeitig in Kenntnis gesetzt. "Er hat mir ausdrücklich versichert, dass er mit den Entscheidungen der Bundesregierung einverstanden ist", sagte Scholz.
"Diese schwierige Entscheidung wurde von den betroffenen Ressorts und der Koalition nach sorgfältiger Beratung und Abwägung gemeinsam getroffen", so der Kanzler. Niemand habe sich diese Entscheidung leicht gemacht, einen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nach nur wenigen Jahren Haft abzuschieben.
"Das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Freiheitsstrafe war in Abwägung zu bringen mit der Freiheit und Gefahr für Leib und - in einigen Fällen - auch Leben unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politisch Inhaftierter", so Scholz. "Deshalb war für uns wichtig, dass wir eine Schutzverpflichtung gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie auch die Solidarität mit den USA haben."
Zuletzt war Kritik aufgekommen, dass Deutschland und die anderen beteiligten westlichen Staaten mit dem Gefangenenaustausch eine Blaupause für willkürliche Verhaftungen und Verurteilungen in Russland liefern, um auch in Zukunft inhaftierte Russen aus dem Westen freizupressen. Die Verurteilungen der Personen, die im Rahmen des Gefangenenaustauschs nun aus Russland und Weißrussland freikamen, waren von westlichen Beobachtern scharf kritisiert und teils als absurd bezeichnet worden.