Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter richtet sich auf Koalitionen mit der Union ein. "Angesichts der Umfragen muss man ehrlich sein, dass es für Rot-Grün derzeit keine Option gibt", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der "Welt" (Montagausgabe) mit Blick auf das Umfragetief der Bundes-SPD.
Auch für Rot-Rot-Grün sieht Hofreiter derzeit keine Perspektive: "Leider hat sich die Linkspartei immer noch nicht entscheiden können, ob sie bereit ist, auch mal im Bund Verantwortung zu übernehmen", so der Fraktionsvorsitzende.
Hofreiter bedauert dies, denn die Grünen würden im Bündnis mit der SPD "von unseren Inhalten am meisten tatsächlich umsetzen können". Den Anteil der Wertkonservativen an der Grünen-Basis, für die Koalitionen mit der Union keine Verlegenheitslösung, sondern erste Wahl wären, schätzt Hofreiter als "nicht besonders hoch" ein.
Dennoch hält er sogar eine Regierung aus CSU und Grünen in Bayern für denkbar. Was nach einem erhofften starken Abschneiden seiner Partei "kommen könnte, hängt auch von der CSU ab", so Hofreiter.
Wenn diese "eine gewisse Flexibilität zeigt und bereit ist, eine echte ökologische Modernisierung anzugehen, bei gleichzeitiger echter Humanität gegenüber Flüchtlingen, dann wird es interessant, ob die bayerische Zukunft progressiv-fortschrittlich werden kann".
Das Ziel der Grünen sei in erster Linie, weiter zu wachsen. "Ich will, dass die Grünen die führende Kraft der linken Mitte werden", sagte Hofreiter. Die Wahl der allgemein als "Realo-Doppelspitze" wahrgenommenen neuen Parteivorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock sei bei diesem Ziel kein Hindernis. "Ich kann keine programmatische Verschiebung der Grünen erkennen", so Hofreiter.
"Annalena und Robert haben in ihren tollen Reden auf dem Parteitag klar die soziale Frage aufgeworfen, ihre Kritik an einem ungezügelten Kapitalismus war eindeutig, sie forderten mehr soziale Gerechtigkeit und Umverteilung." Hofreiter ließ erkennen, dass die Grünen im Bundesrat nicht die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer unterstützen werden.
"Es ist ein Irrtum zu glauben, dass es helfen würde, etwa Algerien, Marokko oder Tunesien als angeblich sichere Herkunftsländer einzustufen, um damit ein geordnetes, faires Verfahren hinzubekommen", sagte der Fraktionschef. "Was wir hingegen brauchen, sind funktionierende Rückführungsabkommen. Wir haben der Bundesregierung mehrfach unsere Unterstützung angeboten und ein Modell vorgeschlagen, das die Bearbeitung von Asylanträgen beschleunigt."
Foto: Merkel mir Özdemir, Göring-Eckardt, Hofreiter, über dts Nachrichtenagentur