Warum Frau May zur Zeit eine Propaganda-Schlacht mit imaginärem Nervengas gegen Russland führt, ist nur zu erahnen. Ablenkungsmanöver von eigenen Problemen.
Von Uli Gellermann
Da stellt sich die britische Maus energisch auf die Hinterpfötchen, ihre Schnurrhäärchen zittern zart im rauen Wind der internationalen Diplomatie, und sie piepst den russischen Bären an: „Down! Putin!“. Ein echtes Ultimatum. Wenn der Bär nicht sofort alles zugibt: Die ominöse Vergiftung, die Verantwortung für die schlechte britische Wirtschaftslage, das schlechte britische Wetter, das schlechte britische Essen und die schlechten Umfragewerte der Premierministerin des Vereinigten Königreichs.
Noch ist nur angedroht, dass nicht mal die Königin zur Fußball-WM nach Russland darf. Aber wer die unglaublich tapfere britische Armee kennt, die 1982 gegen eine schlecht ausgerüstete argentinische Armee die Falklandinseln, alten Kolonialbesitz, zurück ins Empire geholt hat, der weiß: Bald wird die Mighty Mouse Theresa ihr Parachute-Regiment in Marsch setzen, das schon so kühn am Kosovo-Krieg teilgenommen hat und für die Ermordung irischer Zivilisten am Bloody Sunday in Belfast verantwortlich war und nun wahrscheinlich über der Krim abgesetzt werden wird.
Von den Royal Marines, der Marineinfanterie – die im Zweiten Golfkrieg im Schlepptau der USA jede Menge nicht vorhandene Babys aus kuwaitischen Brutkästen vor den irakischen Soldaten gerettet hat – ist zu erwarten, dass sie diesmal baltische und polnische Babys vor dem Zugriff der russischen Armee schützen wird. Wenn dieser Putin nicht umgehend zugibt, dass er persönlich das Nervengift eingesetzt hat, das angeblich einen Ex-Spion in England getötet haben soll.
Warum Frau May zur Zeit eine Propaganda-Schlacht mit imaginärem Nervengas gegen Russland führt, ist nur zu erahnen. Wahrscheinlich folgt sie ihrem großen Vorbild Maggie Thatcher, die kurz vor Wahlen, die schon fast verloren waren, den Falklandkrieg vom Zaun brach und dann den Krieg und die Wahl gewann.
Irgendjemand, der Theresa May gut leiden kann, falls es solch ein Exemplar an Geschmacklosigkeit wirklich gibt, sollte die Frau beiseite nehmen und ihr erklären, dass Russland 17.100.000 Quadratkilometer groß ist und über 144 Millionen Einwohner verfügt, während sich England mit 130.279 Quadratkilometern und und 54 Millionen Einwohnern begnügen muss. Und auch die jeweiligen Streitkräfte, hör gut zu Theresa, haben ein ähnliches Kräfteverhältnis.
Wenn also die 9.500 Mann der russischen Marineinfanterie, von Zar Peter I gegründet, demnächst höflich am Tor des Buckingham Palace anklopfen, dann war' s das. Da bleibt dann den Palastwächtern nur zu sagen: "Vladimir Vladimirovič Putin, zum Thron geht´s da vorne, bitte bedienen Sie sich."