Der albanische Ministerpräsident Edi Rama hat an die Politiker in Deutschland appelliert, der von der Europäischen Kommission empfohlenen Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit seinem Land keine Steine in den Weg zu legen. Ansonsten würden immer mehr Menschen flüchten und ungerechtfertigt Asyl beantragen..
"Es gibt eine klare Sorge, dass Individuen und Kräfte in der EU Dinge vermischen wollen, die nicht vermischt werden sollten", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Wochenendausgabe). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) halte er dabei für eine Unterstützerin.
"Wenn es nur die Kanzlerin wäre, gäbe es keine Frage", sagte er. Probleme sehe er allerdings im Bundestag. Er wisse, "dass es Abgeordnete gibt, die überzeugt werden müssen auf Grundlage von Fakten und Ergebnissen".
Die EU-Kommission hatte Albanien und Mazedonien am Dienstag Fortschritte bescheinigt und die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfohlen. Dem müssen allerdings alle EU-Staaten zustimmen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat eine Vertiefung der EU zur Bedingung für eine erneute Erweiterung gemacht.
"Wir klopfen nicht an die Tür der EU, um gleich morgen Mitglied zu werden. Wir wollen uns nur endlich an den Verhandlungstisch setzen", sagte Rama. Die Beitrittsverhandlungen könnten durchaus so viel Zeit beanspruchen wie die Reform der EU. Deshalb wolle er Macrons Credo "ergänzen". Nicht um Vertiefung vor Erweiterung gehe es, sondern um "gleichzeitiges Vertiefen".
Während die EU ihre Zusammenarbeit vertiefe, müsse Albanien seine Reformen vertiefen. Zugleich warnte Rama vor Enttäuschung in seinem Land. "Die Empfehlung der Kommission ist kein Geschenk, kein Almosen. Sie fußt auf unseren Leistungen", betont Rama. Würden diese nun nicht gewürdigt, müssten die Menschen in Albanien das als "unfair" empfinden.
"Wenn die EU-Perspektive getrübt wird und kurzsichtige Politik über langfristige Strategie siegt, werden die Menschen weggehen wollen", warnte er. Die Zahl ungerechtfertigter Asylanträge von Menschen aus der Region könne dann wieder steigen.
Foto: Albanien, über dts Nachrichtenagentur