Das Urteil im NSU-Prozesss bringt keine Klarheit sondern lässt wesentliche Fragen unbeantwortet. Die wichtigste: Welche Rolle spielten Geheimdienste und der Verfassungsschutz in dem Fall?
DK | Das Urteil im NSU-Prozesss ist keine Überraschung. Es schien schon seit langem festzustehen.
Kritisch befasst sich Christina Baum, Obfrau der AfD im NSU-Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags, mit dem am 11. Juli 2018 ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts München gegen Beate Zschäpe:
„Der Prozess gegen Beate Zschäpe hat trotz aufwendiger Arbeit kein Licht ins Dunkel gebracht. Die Bevölkerung muss sich wohl damit abfinden, dass die volle Wahrheit im Verborgenen bleiben wird. Umso unverständlicher ist diese Verurteilung als Ergebnis eines reinen Indizienprozesses. Das Prinzip ‚Im Zweifel für den Angeklagten‘ wurde meiner Meinung nach aus rein politischen Gründen missachtet – und berechtigte Zweifel sind mehr als genug geblieben. Der Staat hat es versäumt, die Zweifel an der offiziellen Version auszuräumen, weshalb weiterhin Misstrauen in der Bevölkerung gegen ihn und diverse Sicherheitsbehörden bestehen bleiben wird.“
Viele mysteriöse Tathergänge und Begleiterscheinungen bekommen allerdings dann möglicherweise einen Sinn, wenn der deutsche Verfassungsschutz in seiner Eigenschaft als Spionageabwehr gesehen wird.
Dann erklärt sich, warum neben deutschen Verfassungsschützern auch amerikanische Geheimdienstagenten in der Nähe oder sogar direkt am Tatorten waren.
Haben wir es mit einer oder mehreren Geheimdienstoperationen von fremden Diensten zu tun gehabt, für die eine Tarnung gebraucht wurde? Damit diese und andere Fragen nicht beantwortet werden können, wurden jetzt die Akten des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz für 120 Jahre weggeschlossen. Warum soll die niemand sehen?
Der Brandsachverständige Frank Dieter Stolt schließt aus, dass Zschäpe den Brand in der Wohnung in Zwickau gelegt haben könnte. Sie hätte bei der Explosion des verschütteten Benzins schwer verletzt werden müssen. Aber es passierte ihr nichts. Dafür passierte jetzt Stolt etwas. Er starb völlig überraschend in Mannheim.
Nicht der einzige Todesfall im Zusammenhang mit dem NSU-Verfahren, wie wir einer Aufstellung des offenbar ausnahmsweise kritischen Systemsenders WDR entnehmen :
„Februar 2016, Sascha W.: Laut den Ermittlungsbehörden soll Sascha W. Selbstmord begangen haben. Er war der Verlobte von Melissa M., die im Vorjahr verstorben war. Zu den Details von Sascha W.s Tod schweigt die Staatsanwaltschaft, die Ergebnisse seiner Obduktion sind noch nicht bekannt.
März 2015, Melissa M.: Nur einen Monat nach ihrer Aussage im NSU-Ausschuss stirbt die 20-jährige Melissa M.. Sie ist die Exfreundin von Sascha W., der dann im Februar 2016 ebenfalls verstarb (siehe oben). Auch Melissa M.s Tod ist rätselhaft: Sie stürzte mit dem Motorrad, prellte sich dabei aber nur das Knie. Laut Obduktionsbericht starb sie wenig später an einer Lungenembolie, die durch eine Thrombose entstanden sein soll. Ihr damaliger Verlobter brachte Melissa noch in die Klinik.
April 2014, Thomas Richter alias Corelli: Der Tod von Thomas Richter – auch er ist mysteriös. Er hatte jahrelang als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet. Nach seiner Enttarnung landete er in einem Zeugenschutzprogramm, lebte in einem Haus in Paderborn. Mitarbeiter des Verfassungsschutzes fanden ihn dort tot auf. Der 39-Jährige soll an einer unentdeckten Diabeteserkrankung gestorben sein. Auch diese Todesursache klingt zumindest merkwürdig. Die Geschichte um den Tod des V-Mannes wird gerade auch immer bizarrer. Die Staatsanwaltschaft will den Fall neu untersuchen.
September 2013, Florian H.: Ein Mann verbrennt in seinem Auto. Es ist der 21-jährige Florian H., ein Aussteiger aus der rechten Szene. An seinem Todestag sollte er eigentlich bei der Polizei aussagen, die Staatsanwaltschaft geht dennoch von Selbstmord aus.
Januar 2009, Arthur C.: Der erste der fünf Toten. Er soll ebenfalls Suizid begangen haben. Der 18-jährige Arthur C., sein Name taucht in den Ermittlungsakten eines NSU-Mordes auf. Im Januar 2009 verbrannte er in seinem Auto auf einem Waldparkplatz bei Heilbronn.“
Noch einmal Frau Baum (AfD): „Nicht nur bei mir drängt sich der Eindruck auf, dass Beate Zschäpe stellvertretend für einen unfähigen und zur vollständigen Aufklärung nicht bereiten Staatsapparat verurteilt wurde. Der Prozess ist eine Enttäuschung für alle Betroffenen, insbesondere die Opferfamilien, die nicht nur eine Verurteilung, sondern vor allem Aufklärung wollten.“
Aufklärung wird es nie geben. Das System hat offenbar eine Menge zu verbergen.