Reis ist für über die Hälfte der Weltbevölkerung das Nahrungsmittel Nummer eins.
Reis wächst zu 90% in Südostasien, wo er auf den typischen Reisterrassen angebaut wird.Diese Familie der Nutzgräser (Oryza sativa) gedeiht von 0 bis auf 2.500 m über dem Meeresspiegel. UNO und Weltbank warnen vor der Verknappung dieses Grundnahrungsmittels, denn es drohen durch anhaltend steigende Lebensmittelpreise soziale Unruhen rund um den Globus, zuletzt auf Haiti. Die politische Stabilität ist weltweit gefährdet, vor allem in den Armenhäusern unserer Welt. In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Handel damit zum einträchtigen Geschäft, die weltweite Produktion verdoppelte sich. Das weckte die Begehrlichkeit multinationaler Agrarchemiekonzerne. Sie sichern sich ihre Pfründe immer mehr und erheben sogar auf Reissorten Patentrechte.
Die amerikanische US Grain Corporation etwa beansprucht das Patent auf Basmati-Reis und den Schutz dieser Bezeichnung in den USA und Kanada. Dies mit der frechen Begründung, dass sie den genetischen Code der Jahrtausende alten Kulturpflanze entschlüsselt habe. Die indischen Bauernfamilien, die seit Generationen Basmati-Reis anbauen, müssten für den Export nach Nordamerika sogar Gebühren zahlen. Welch ein Hohn! Diese nicht mehr zu überbietende Arroganz ist unrechtmäßig und bedroht Einkommen und Existenz der Landbevölkerung in Südindien.
Neben dem chic gewordenen globalen Biospritwahn, aus wertvollen Nahrungsmitteln Sprit zu erzeugen, um damit Motoren zu füttern, statt mit dem Getreide den Hunger der Armen zu stillen, gibt es noch weitere Probleme, etwa das exponentielle Wachstum der Menschheit. Außerdem gehen jährlich rund 25 Mrd. Tonnen Bodenkrume der Anbauflächen durch Erosion verloren.
Vielerorts werden die ländlichen Regionen und damit die Nahrungsmittelproduktion vernachlässigt. Durch anhaltende Dürre leiden inzwischen mehr als 10 Mio. Chinesen unter dem Verknappen des Trinkwassers, aber auch die Land- und Viehwirtschaft ist massiv davon betroffen. Rund 38% der Reisanbauflächen von Bangladesch werden mit Grundwasser bewässert. Zwar kann dadurch auch die Reissorte Boro in der Trockenzeit gedeihen, aber die Hälfte des Grundwassers stammt aus flachen Brunnen. Aus denen sprudelt besonders arsenhaltiges Wasser. Man schätzt, dass dadurch jährlich 1.360 Tonnen Arsen auf die Reisfelder gelangen.
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Zuletzt betrug die Welternte rund 429 Mio. Tonnen Reis. Das entspricht etwa einem Volumen von 323 Mio. Kubikmeter. Schütten Sie mal diese ungeheure Menge in einen Hohlzylinder von 1 Meter Durchmesser. Sie werden erstaunt sein wie hoch ihr gedachter Reissilo sein müßte, denn er reicht bis in die Ionosphäre unserer Erde. Zu hoch hinaus? Nun, dann schütten Sie damit 136 mal fiktiv die Cheopspyramide als Hohlkörper voll. Vielleicht kennen Sie die verblüffend schöne Schachbrett-Story. Man lege ein Reiskorn auf das erste Feld.
Dann verdopple man die Anzahl der Reiskörner von Feld zu Feld, also 1, 2, 4, 8 usw. Spätestens das 56ste Schachbrettfeld müßte die zirka 3 Billiarden (eine 16stellige Zahl) Reiskörner der gesamten Welternte tragen. Das sind 3 Billiarden der kleinen Wunderkörner von etwa jeweils 0,014 Gramm. Um auch das letzte, das 64ste Schachfeld mit Reis zu „belegen" müßten schon einige Hundert Welternten zusammen kommen. 90% des weltweit angebauten Reis wird allein in Asien konsumiert: etwa 150 kg Reis pro Kopf und Jahr. In Amerika sind es nur 11 Kilogramm und in Deutschland nur knapp drei Kilogramm.
Jedes Reiskorn ist ein geballter Nahrungsquell im Silbermäntelchen. Von der Blüte bis zur Reife eines Reiskorns dauert es etwa 30 bis 40 Tage. In dieser Zeit entwickelt sich unter der schützenden Hülle, der Spelze, das Korn mitsamt seinen vitaminreichen Inhaltsstoffen, die sich vorwiegend in den Schichten des Silberhäutchens konzentrieren. Dieses besteht aus einer Frucht- und Samenschale sowie aus einer proteinhaltigen Aleuronschicht.
Es schützt den darunter liegenden Keimling, der sich unter einem stärkehaltigen Mehlkörper, dem eigentlichen Reiskorn, verbirgt. Silberhäutchen und Keimling enthalten den Löwenanteil an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Auch der Silbermantel selbst ist ein wichtiger Ballaststoff und fördert Stoffwechsel und Verdauung. Selbst der geschälte weiße Reis ist einseitig gesund: Er ist natriumarm, gluten- und cholesterinfrei, eiweißreich und enthält viel Kalium, das den Wasserhaushalt im Körper reguliert.
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Das braune unbehandelte Kraftpaket Naturreis ist sehr gesund. Es bietet mehr Inhaltsstoffe als seine weißen Verwandten. Der Grund: Der Reis kommt ungeschält in den Handel. Das Silberhäutchen und der Keimling sind noch erhalten. Direkt nach der Ernte wird der feuchtigkeitsempfindliche Rohreis zunächst schonend getrocknet und belüftet. Während für andere Sorten die eigentliche Verarbeitung jetzt erst beginnt, werden die Körner für den Naturreis lediglich sortiert und gesiebt.
Das „Altkorn" der Indianer, der sogenannte Wildreis, ist eigentlich gar kein Reis, sondern die Frucht einer ganz anderen Wassergrasgattung; er wächst im Grenzseengebiet zwischen Kanada und den USA. Sein Geschmack ist leicht nussig, und seine Kochzeit liegt mit 45 Minuten deutlich über der anderer Reissorten. Schwarzer Wildreis ist nicht nur dekorativ, er enthält auch wichtige Vitamine der B-Gruppe. Der Wildling hat einen besonders hohen Mineralstoff-, einen deutlich höheren Eiweiß- und einen geringeren Fettgehalt als der normale Reis.
Seine Ergiebigkeit ist höher als bei Weißreis. Dagegen ist der Milchreis ein geschliffener und polierter Rundkorn-Reis. Die kleinen runden Körner geben viel Stärke ab, deshalb eignen sie sich besonders gut für Süßspeisen mit sämiger bis fester Konsistenz. Der ausschließliche Verzehr von poliertem Reis führt zur Vitamin B1-Mangelkrankheit Beriberi. Die meisten Reissorten wachsen in sumpfigem Boden; es gibt jedoch auch Sorten, die mit wenig Wasser auskommen, der so genannte Trockenreis.
Beschäftigen wir uns mit dem Reis als Pflanze, die ursprünglich keine wasserliebende Pflanze war. Die Ursprünge der Wildpflanzen liegen vermutlich in den Deltas der Flüsse Ganges, Yangtze, Euphrat und Tigris. Dies Art Wildreis wurde nachweislich bereits vor 7.000 von den Chinesen am Ufer des „Blauen Flusses" geerntet.
Die eigentliche Wildform dieser Nutzpflanze ist jedoch verloren gegangen. Mehr als 8.000 Reissorten existieren heute. Erst durch Jahrtausend altes Züchten und natürliche Selektion paßte sich die Reispflanze an überflutete Felder an. Der Vorteil dabei: viele Unkräuter und bodenlebende Schädlinge werden durch die Flutung am Wachstum gehindert. Indessen braucht eine Reispflanze große Mengen fließenden Wassers; pro Kilogramm Reis zwischen 3.000 und 5.000 Liter.
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Kulturreis kann bis zu 30 Halme ausbilden. Diese tragen eine schmale überhängende Rispe, die bis zu 100 Körner beherbergt. Aus einem einzigen Saatkorn können damit fast 3.000 Reiskörner entstehen. Was bietet uns der Reis an Nährstoffen?
Das Korn enthält etwa 76% Stärke und 7 bis 8% Eiweiß, außerdem 1,3% Fett und 0,6% Spurenelemente, vor allem Phosphor, Eisen und Magnesium, aber wenig Natrium, Kalzium oder Kalium. Aufgrund seiner Armut an Natrium eignet sich Reis zur Entwässerung des Körpers bei Übergewicht und Bluthochdruck. Reis enthält die Vitamine B1 und B2, die sich vor allem in der oberen Schicht des Korns befinden, die aber beim Polieren abgeschliffen wird.
Reis ist in Asien mehr als ein bloßes Nahrungsmittel, Reis ist Kultur pur. In vielen asiatischen Sprachen sind die Worte für Reis und für Essen identisch - ein Zeichen dafür, welche hohe Bedeutung diese Pflanze für die Ernährung auf dem asiatischen Kontinent hat. So ist in Thailand das Wort „Khao" gleichbedeutend für Reis und Essen. Hier grüßen die Menschen einander nicht mit „Grüß Gott", sondern mit: „Hast du heute schon Reis gegessen?" Stellen Sie sich vor, in Deutschland würde man sich begrüßen mit der putzigen Frage "Hast du heute schon Kartoffeln gegessen?" Reis genoß auch in Madagaskar hohes Ansehen. Hier galt früher ein Reiskorn als Münzeinheit.
Heutzutage wird robust am Genom der Reispflanze herum gebastelt, und das nicht nur in USA. Man will die Reispflanze so verändern, dass sie eine Vorstufe des Vitamin A, das Beta-Karotin, enthält, Stichwort "Goldener Reis". Ein Team des Schweizer Agrarchemiekonzerns Syngenta entzifferte im Jahre 2000 fast 90% des Erbguts der Reis-Unterart Japonica, veröffentlichte es aber nicht, wie sonst üblich, in einer allen Interessenten zugänglichen Gendatenbank. Auch ein Beitrag, um den Hunger in der Welt zu stillen. Erwarten Sie deshalb nicht von mir, dass ich die Aktien der Agrarhaie empfehle.
Hasardeuren bleibt es natürlich unbenommen, sich am Warenterminmarkt oder durch entsprechende Derivate mit Soft Commodities einzudecken. Viel Erfolg - darauf einen Schluck Reislikör, Arrak oder japanischen Reiswein.