Diskussion um Milliarddengewinn bei Goldman Sachs. Ökonomen: „Risiko-Banker legen Keim für nächste Krise“. Ifo-Institutschließt ein erneutes Chaos auf den Finanzmärkten nicht aus. "Der Casino-Betrieb geht weiter."
Der überraschend hohe Milliardengewinn der weltgrößten InvestmentbankGoldman Sachs hat in Deutschland die Diskussion um risikofreudigeBanker angeheizt.
Spitzenökonomen befürchten, die Wall Street könntedie Lehren der vor zwei Jahren ausgebrochenen Finanzkrise schon wiedervergessen haben. "Der Casino-Betrieb geht weiter. Alles andere wäreauch verwunderlich, denn die verschärften Regulierungsvorschriften sindgrößtenteils noch nicht in Kraft", sagte der Direktor des Instituts fürMakroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, am Mittwochim Gespräch mit Handelsblatt.com. "Warum sollten sich dann die Bankeranders verhalten als zuvor, schließlich spielen sie nicht auf eigenes,sondern auf des Steuerzahlers Risiko. Damit wäre der Keim für dienächste Krise gelegt."
Auch das Münchner Ifo-Institutschließt ein erneutes Chaos auf den Finanzmärkten nicht aus. "Sicherist, dass uns mittelfristig ohne bessere Regulierung der gleicheSchlamassel noch einmal erwischen kann", sagte Ifo-Konjunkturchef KaiCarstensen zu Handelsblatt.com.
Das betonte auch der Chefvolkswirt derCommerzbank, Jörg Krämer. "Die hohen Gewinne an der Wall Street ändernnichts an der Notwendigkeit, weiter mit Nachdruck an einer Reform desFinanzsystems zu arbeiten", sagte Krämer zu Handelsblatt.com. "Zwardürfte der Höhepunkt der Finanzkrise hinter uns liegen, aber es mussalles getan werden, um zu verhindern, dass sich eine solche Krisewiederholt und die gesamte Weltwirtschaft in Mitleidenschaft zieht."
WirtschaftsforscherHorn forderte vor diesem Hintergrund mit Blick auf Deutschland, neueRegulierungvorschriften "so schnell wie möglich" in Kraft zu setzen.Der Staat müsse sich zudem für eine Übergangszeit an den Bankenbeteiligen, "um sie über seinen Einfluss auf die Geschäftspolitik vomgefährlichen Tun zu Lasten des Steuerzahlers abzuhalten". Ferner müsseder Bankensektor so stukturiert werden, dass keine Bank mehr "too bigto fail" sei. "Dies würde die Risiken stärker auf die Banken selbstverlagern, sodass diese sich dann wohl vorsichtiger verhalten dürften",sagte der IMK-Chef.
Dessen ungeachtet hält es Ifo-ExperteCarstensen für möglich, dass Geldhäuser jetzt bereits wieder dieGewinnzone erreichen. "Bei Refinanzierungskosten von nahezu Nullsollten Banken, die keine weiteren Abschreibungen zu tätigen haben,durchaus wieder in der Lage sein, Gewinne zu machen", sagte er, ohnedabei Goldman zu nennen. Was die Produkte angeht, hält es Carstensenaber für unwahrscheinlich, dass abermals dubiose Finanzprodukteangeboten werden. "Es würde mich schon wundern, wenn jetzt schon dergleiche Schrott wie vor der Krise gehandelt wird. Wer würde das dennkaufen?"