Wird der Markt eine mögliche zweiterezessive Phase einpreisen, oder reagiert er zunächst auf die enormeAusweitung der Geldmenge, Stichwort Asset-Inflation?
Und da ist wieder dieses seltsameSpiel. Heute ist auf Manager-Magazin.de zu lesen, dass die Rezession inDeutschland im Sommer zu Ende gehen werde. „Nach mehr als einemJahr teils tiefer Rezession steuert die deutsche Wirtschaft auf eineKonjunkturwende zu.“, heißt es da weiter. Auslöserfür die Euphorie ist der Ifo-Index, der nun das vierte Mal inFolge gestiegen ist. Bereits drei Anstiege in Folge sind nachlandläufiger Ansicht ein Hinweis auf ein Ende einer Rezession.
Der historische Vergleich
Ein Blick auf den Chart beruhigt allerdings schnell wieder die Gemüter:
Hier sehen Sie die langfristigeEntwicklung des Ifo-Index. Deutlich ist zu erkennen, dass sich derIfo-Index (blau) immer noch auf historisch niedrigem Niveau befindet.So befinden wir uns auch immer noch unter den Niveaus der Krise derJahre 2000 bis 2003. Hier ist also nichts Weltbewegendes geschehen. Obes nach diesem extremen Einbruch Sinn macht, die oben genannte Regelanzuwenden, ist doch mehr als fraglich.
Der Anstieg der Erwartungskomponente ist kein eindeutiges Signal
Interessant ist dabei, dass dieErwartungskomponente (grüne Linie) schon deutlichanzieht, während sich die Einschätzung der aktuellen Lage nurleicht verbessert hat. Etwas mulmig wird einem, wenn man dieEntwicklung nach dem 11. September und die aktuelle Entwicklunggegenüberstellt:
In diesem Chart fehlt derZeitabschnitt von Juni 2003 bis August 2007. Wir sehen, dass sich auchnach dem 11. September mit der Kurserholung die Erwartungskomponente(grün) deutlich erholt hat. Auch der Index (blau) zog mit an,während sich die Einschätzung der aktuellen Lage weiterverschlechterte, beziehungsweise dann konstant blieb. Die damaligeSituation ist also in etwa mit der aktuellen vergleichbar.
Doch schauen Sie sich an, wie sichder DAX (grau) damals entwickelte: Er bildete in Folge einerdynamischen Erholung nach einem ersten Hoch ein zweites höheresHoch (grüner Pfeil) und erst dann kam es zu einem weiteren,allerdings dramatischen Absturz. Die aktuelle Entwicklung des DAX seitdem Tief 2009 ist doch sehr ähnlich (siehe rechtes Diagramm). Erhat auch gerade ein neues höheres Hoch ausgebildet. Heute ist eran der Widerstandszone bei 5.300-5.400 Punkten, die ich bereits genannthatte, mit einem Hoch bei 5.300 Punkten zunächst abgeprallt.
Schlussfolgerung:
Aufgrund der Entwicklung desIfo-Index in Euphorie zu verfallen, ist sicherlich mehr alsverfrüht. Die Ähnlichkeit zu den Jahren 2001 /2002 bereitetdoch eher mulmige Gefühle. So lange die Einschätzung der Lagenicht anzieht und sich ebenfalls deutlich von den Tiefs entfernt,sollte man mit einer positiven Interpretation des Ifo-Index vorsichtigsein.
Auf der anderen Seite bedeutet dieseParallele zu 2001 nicht zwangsläufig, dass es wieder zu starkfallenden Kursen kommt. Die Situation ist zwar in gewisser Weise zuvergleichen: Ein externer Schock hat die Märkte getroffen, aber imAnschluss an den 11. September kam es zum Krieg gegen Afghanistan undden Irak. Und Kriege mögen die Börsen nicht. In der aktuellenSituation ist ein solcher Krieg noch nicht zu erwarten, und darinbesteht ein entscheidender Unterschied. (Es sei denn es kommt zu einemKonflikt mit dem Iran)
Es bleibt dabei
Es geht also weiter um die Frage,die ich mir schon seit Wochen stelle, Ihnen aber nicht beantwortenkann: Wird der Markt eine mögliche zweite rezessive Phaseeinpreisen, oder reagiert er zunächst auf die enorme Ausweitungder Geldmenge, Stichwort Asset-Inflation?
Wenn Sie zurzeit Schwierigkeiten mitder Börse haben sollten, verzagen Sie nicht. Wir befinden unsimmer noch in einer absoluten Extrem-Situation. Die klassischenIndikatoren und Analysemodelle funktionieren nicht mehr - oder besser:„noch nicht wieder“. Vieles ist zurzeit höchstunsicher und unbestimmbar. Wenn Sie sich die Kommentare aus derHochfinanz anhören, sehen Sie, dass auch hier alles andere alsEinigkeit bei der Frage besteht, wie es weiter gehen wird.
Interessant finde ich, wie vielemeiner Kollegen sich überaus sicher sind, in ihren Prognosen. Dasunbedeutende Problem dabei ist nur, die einen sind sich sicher, dass eszu einem weiteren Einbruch kommen wird, die anderen wissen mitSicherheit zu sagen, dass nun eine größere Rally folgt. Unddas, obwohl alle über das Internet Zugang zu den gleichenInformationen haben. Das ist schon seltsam genug, aber wer hat Recht?
Ebenfalls interessant finde ich, wieschnell die Marktberichte und Börsennews von bearish, nach demBruch der Nackenlinie der Schulter-Kopf-Schulter-Formation im DAX,auf jetzt wieder fast euphorisch umgeschwenkt sind. Da müssen nurzwei Wochen lang die Kurse steigen und schon tauscht jeder dieBärenkappe mit der Bullenmütze. Etwas unstrukturiert zurzeit,die Marktteilnehmer.