Mit Billionnen versuchen Staaten die Wirtschaft zu retten. Doch ist fraglich, ob das Geld tatsächlich seinen Bestimmungszweck zugeführt wird. Vielmehr ist zu befürchten, dass es zu gigantischen Fehlallokationen kommt. Am Ende steht Mißmangement, Planwirtschaft und Korruption.
Eine Analyse des europäischen Think-Tanks LEAP/E2020
China und die USA haben Konjunkturprogramme aufgelegt, die mit enormenGeldmitteln ausgestattet sind. Es sind von den weltweit verabschiedetendie umfangreichsten.
Aber sie werden unweigerlich in ihrem Anspruchscheitern, die Krise nachhaltig zu bekämpfen. Im besten Fall werden siedie schlimmsten Folgen der Krise etwas abmindern. Zwar sind die beidenVolkswirtschaften sehr verschieden und die beiden Programme in ihrenAnsätzen und Methoden sehr unterschiedlich. Aber für beide gilt, dasssie in den kommenden Monaten auf eine Schwierigkeit stoßen werden, diesie nicht kurzfristig werden überwinden können. Diese Schwierigkeit istdie „Grenze der höchstmöglichen Absorption“.
Die Europäische Union hat mit dieserGrenze schon mehrfach Erfahrungen gemacht. Sie ist im Laufe der letztenzwanzig Jahre schon mehrfach bei ihren Versuchen zu ihrer Überwindunggescheitert, nämlich als sie die Strukturfonds aufstockte und sichmehrfach um weitere Mitgliedstaaten erweiterte.
Wie bei der Schallmauerin der Luftfahrt kann ein Durchstoßen dieser Grenze nur gelingen, wennneue Verfahren und Methoden eingesetzt werden, die man nicht so einfachin ein paar Monaten aus dem Hut zaubern kann. Die Erfahrungen in Europahaben gezeigt, dass das Ausgeben von Milliarden Euro, Dollar oder Yuannicht so einfach ist, wenn damit bestimmte Effekte erzielt werdensollen; dass solche Ausgabenprogramme sorgsam vorbereitet und umgesetztwerden müssen.
Das erfordert Zeit, viel Zeit, und gerade daran fehlt esChina und den USA. Damit werden China und die USA mit ihrenKonjunkturprogrammen in Sackgassen landen, in denen sich dieMitgliedstaaten der EU schon vielfach wieder gefunden haben:Verschwendung und Korruption auf der einen Seite, nicht abgerufeneMittel auf der anderen. In beiden Fällen ist der Wachstumseffektäußerst gering oder sogar negativ.
Vergleich der Entwicklung der wichtigsten Wirtschaftsindikatoren zwischen 1982 und 2009- Quelle: ContraryInvestor, 05/2009
Bevor wir uns über die Erfolgsaussichten der Washingtoner und PekingerKonjunkturprogramme äußern werden, halten wir es für sinnvoll, dieErfahrungen der Europäischen Union mit der Grenze der höchstmöglichenAbsorption zu schildern.
Die europäische Verwaltung musste zu Beginnder neunziger Jahre zuerst bei der Umsetzung der Strukturfonds, dann dem PHARE -Programmund überhaupt allen Subventionen, die die Erweiterungen begleitensollten, feststellen, dass es eine Grenze für die Fähigkeit einesLandes gibt, Subventionen zu absorbieren, ohne das es zu den obenangeführten Problemen der Verschwendung, Korruption oder Nichtabrufungder Mittel kommt (1).
Natürlich war dieses Problem auch schon aus derEntwicklungshilfe bekannt. Aber in den Erfahrungen der EuropäischenUnion zeigte sich, dass diese Grenze auch in entwickelten und reichenLändern existiert (2). Damit ist davon auszugehen, dass diese Grenzeauch für China und die USA relevant ist (3).
Auffächerung des chinesischen Konjunkturprogramms auf die gefördertenWirtschaftsbereiche – Quelle: Economic Observer Online
Die europäischen Fondsgelder, die schon an die Grenze derhöchstmöglichen Absorption stoßen, sind nur ein Drittel der für dieamerikanischen und chinesischen Konjunkturprogramme zur Verfügunggestellten Mittel. Das chinesische Konjunkturprogramm für 2009 und 2010stellt Mittel in der Höhe von 4.000 Milliarden Yuan zur Verfügung, also430 Milliarden €.
Das US-Konjunkturprogramm beläuft sich auf 785Milliarden USD, also 577 Milliarden €. Davon sind allerdings 288Milliarden USD an Steuererleichterungen abzuziehen, die nicht von denUS-Behörden verwaltet werden müssen. Damit bleiben dennoch für die USApro Jahr zu verwaltende und auszugebende Mittel von 182 Milliarden €,für China 215 Milliarden €.
Nur zum Vergleich: AlleMitgliedstaaten der Europäischen Union zusammen erhalten in den Jahren2007 bis 2013 eine europäische Ko-Finanzierung in Höhe von 347Milliarden €, also ungefähr 70 Milliarden Euro pro Jahr. Damit setzendie amerikanischen und chinesischen Konjunkturprogramme eineAbsorptionsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften für öffentliche Mittel inder Höhe der Subventionen aus zwanzig Jahren europäischer Fondspolitikvoraus (4).
Was die Vergleichbarkeit der Situationin China und USA mit der EU angeht: Es dürfte zulässig sein, davonauszugehen, dass das wirtschaftliche Gefälle zwischen den einzelnenMitgliedstaaten der EU den regionalen Unterschieden in den großenVolkswirtschaften Chinas und der USA entsprechen dürfte. Wie auch inder EU haben China und die USA Regionen und Staaten mit sehrunterschiedlichem Pro-Kopf-Einkommen, unterschiedlichem demographischenund wirtschaftlichem Gewicht, und mit großen Unterschieden in derEffizienz der Verwaltung und der technischen und wirtschaftlichenInfrastruktur (5).
Auffächerung des US-Konjunkturprogramms auf die geförderten Wirtschaftsbereiche- Quelle: EconomyLeague
Man kann jedoch zwischen USA und China zwei wichtige Unterschiedebetonen, die bei öffentlichen Subventionen entscheidend sind: ImAllgemeinen sind staatliche Stellen in den USA von eher geringererBedeutung, wohingegen in China der Staat in allen Bereichen undgebietskörperschaftlichen Ebenen des Landes omnipräsent ist. DieEU-Mitgliedstaaten befinden sich eher in der Mitte zwischen diesenbeiden Extremen.
In mehreren Jahrzehnten europäischerErfahrungen mit großen Subventionsprogrammen für regionale undstaatliche Wirtschaftsentwicklung hat sich gezeigt: Auch wenn dieAbsorptionskapazitäten für Subventionen zwischen den Mitgliedstaatenunterschiedlich sind - entscheidend für die Fähigkeit, öffentlicheHilfen zu nutzen, ist eine effiziente Verwaltung.
Wenn die Behördennicht ausreichend personell ausgestattet und qualifiziert sind, wenndie notwendige spezifische Ausbildung der Beamten und haushälterischeBegleitung solcher Programme fehlt, wenn die konkretenUmsetzungsprogramme nicht erarbeitet werden, ist die Absorptionsgrenzerelativ schnell erreicht.
In der umfangreichen europäischenLiteratur zur Frage der Absorptionsgrenze für europäische Fonds wirdbesonderes Augenmerk auf die Länder gelegt, die überwiegend von deneuropäischen Geldern profitieren, und unter diesen wiederum auf diebeiden Extreme, also die sehr guten und die sehr schlechten Nutznießer.
In der ersten Gruppe findet man Spanien und Irland. In der zweiteninsbs. Griechenland, Rumänien und Bulgarien. Aber auch Mitgliedstaatenwie Frankreich und Italien standen vor massiven Absorptionsproblemen(6). Das hat dazu geführt hat, dass Brüssel Milliarden in denallgemeinen Haushalt zurückführen konnte, weil die Mittel nicht in denvorgeschriebenen Fristen abgerufen wurden.
Fussnoten
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