Welthandelsorganisation WTO sieht schwarz für 2019: Die Wirtschaft gerät ins Stocken. Angeblich sind die USA schuld. Aber auch private und öffentliche Investitionen lassen weltweit dramatisch nach.
Börsen-Zeitung: "Die fetten Jahre sind vorbei", Kommentar zum Welthandel von Julia Wacket
Die Welthandelsorganisation WTO soll als mitgliedergeführte Organisation eigentlich ihren Mitgliedern das Wort überlassen. Sie soll als Mediator dienen und schlichten, sich aber nicht einmischen.
Dass ihr Direktor Roberto Azevedo am Dienstag so deutliche Worte an die Mitglieder gerichtet hat, war daher ein Novum. Es war ein Appell, das Ruder herumzureißen, bevor es zu spät ist. Die Botschaft: Die fetten Jahre sind vorbei. 2018 war ein schlechtes Jahr für den Welthandel und 2019 dürfte noch schlechter werden, wenn sich nicht bald etwas ändert.
Wem dieses hohe Maß an Unsicherheit im Welthandel zu verdanken ist, ließ der WTO-Chef auch schnell durchblicken - hauptsächlich den USA und den von ihnen angezettelten Handelskonflikten.
Es sind aber nicht nur die USA, die dafür sorgen, dass das Wachstumstempo des Welthandels von seiner jüngsten Hochwassermarke 4,6 Prozent im Jahr 2017 immer mehr in Richtung 1 Prozent driftet.
Private und öffentliche Investitionen, die ein Haupttreiber des Welthandels sind, lassen weltweit nach. Dabei fordern Ökonomen schon seit geraumer Zeit, dass die Fiskalpolitik in Zeiten, in denen die Geldpolitik an ihre Grenzen stößt, eine stärkere Rolle einnehmen muss.
Schwellenländer, die vor der Finanzkrise noch Wachstumstreiber waren, können diese Rolle immer schlechter einnehmen, auch weil die Industrieländer sie zunehmend als "Systemkonkurrenten" sehen und Roboter und 3-D-Drucker ihnen die Arbeit abnehmen.
Statt sich mit Zukunftsthemen wie der Digitalisierung, Nachhaltigkeit und dem Schaffen von Arbeitsplätzen im Welthandel zu beschäftigen, fallen die Länder zurück in protektionistische Zeiten und wollen sich mit der besseren industriepolitischen Strategie oder dem besseren bilateralen Abkommen überbieten - obwohl die Geschichte bewiesen hat, dass solche Rezepte nicht für mehr Wohlstand sorgen.
Dafür gibt es multilaterale Organisationen wie die WTO, die Themen wie Marktzugang, elektronischen Handel, Subventionen, Streitschlichtung im Welthandel weit besser durchsetzen können.
Dazu müssen sie allerdings auch mit genug Macht ausgestattet werden. Das Thema der WTO-Reform liegt schon seit Jahren auf dem Tisch. Es muss in dem alles entscheidenden Jahr 2019 endlich angegangen werden.
Dazu braucht es kein allumfassendes Paket, auch bei der WTO kann ein Weg der kleinen Schritte gegangen werden. Die Frage ist nur, ob die Mitgliedsländer zu mehr Kooperation statt mehr nationalen Alleingängen bereit sind - das ist das, woran es gerade am meisten hapert, nicht nur im Welthandel.