Einige Restaurants in Berlin nehmen kein Bargeld mehr an. Stellt sich die Frage: Muss der Bargeldzahler hungrig bleiben, wenn kein Plastik zur Hand ist? Erste Hilfe beim freiwilligen Bargeldverbot in der Hauptstadt.
Grün und bargeldlos: Neue Mode in Berlin
von Christian Hiß
"Little Green Rabbit" betreibt, wie die englische Bezeichnung schon kundtut, einige "grüne" Restaurants in Berlin, in denen praktisch alles grün, vegan und irgendwie CO2-frei ist. Aber nicht nur das: Der Laden ist jetzt auch Bargeld-frei. Eine neue Mode? Freiwilliges Bargeldverbot?
Ob man dort nun unbedingt einen Kaffee für 3 Euro trinken will, ist die eine Frage. Ob man das Getränk jedoch auch per Kreditkarte zahlen möchte, die andere.
Immerhin: Wenn man des Englischen mächtig ist, prangt gleich an der Tür der Warnhinweis "We are a cash free restaurant".
Leider fehlt ein Hinweis auf deutsch: "Bargeldzahler müssen leider draußen bleiben". Wie sonst sollen "Muttersprache only" Menschen das verstehen? Und davon soll es ja in Berlin auch einige geben.
Was also tun, wenn ein Hungriger arglos in eine Bargeldverbotsfalle tappt?
Wie reagieren, wenn das Essen schon dampfend auf der Theke steht und der Kassenlurch mitleidig die Achseln zuckt und sagt: "Wir nehmen kein Bargeld!"
Als Erstes kann man den Cash-Gegner höflich darauf hinweisen, dass Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel ist. Juristisch einwandfrei ausgedrückt kann es der Cash-Geber so versuchen:
„Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.“
Wenn das nicht hilft, könnte man es mit der neuen EU-Datenschutzverordnung versuchen:
„Ich möchte nicht, dass meine Bank erfährt, dass ich Veganer bin, weil ich bei Ihnen eine glutenfreie Suppe schlürfe."
Oder:
„Ich möchte nicht, dass meine Bank erfährt, dass ich bei Ihnen esse, weil ich mich dann schämen würde."
Wenn das alles nicht hilft und der Magen langsam knurrt, kann man auch zum letzten Mittel greifen: Der selbstausgestellte Scheck - am besten auf einer Papierserviette oder einem Bierdeckel. Mehr dazu unten.
Was bedeutet gesetzliches Zahlungsmittel?
Einleitend ein paar Worte zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln, die zur Zahlung anzunehmen grundsätzlich einmal jeder verpflichtet ist, das sind: Euromünzen und Eurobanknoten, so steht es in § 14 Abs. 1 Satz 2 Bundesbankgesetz ganz deutlich: „Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.“
Die Annahmepflicht der Euromünzen ist in § 3 Münzgesetz geregelt, dort heißt es: „Niemand ist verpflichtet, deutsche Euro-Gedenkmünzen im Betrag von mehr als 200 Euro bei einer einzelnen Zahlung anzunehmen. Erfolgt eine einzelne Zahlung sowohl in Euro-Münzen als auch in deutschen Euro-Gedenkmünzen, ist niemand verpflichtet, mehr als 50 Münzen anzunehmen;“ außer der Bundesbank, die muss auch eine Lkw-Ladung Münzen akzeptieren.
Nach dem Gesetz und in der Theorie ist also jeder Gläubiger verpflichtet, des Schuldners Bargeldzahlung anzunehmen – egal, ob bis zu 50 Euromünzen oder eine dieser im Alltag schwer kleinzukriegenden 200- und 500-Euronoten. Theoretisch könnte auch ein 250 Millionen Euro schwerer Grundstückskaufvertrag bar abgewickelt werden bzw. müsste der Verkäufer die Europalette Banknoten (und bis zu 50 Münzen bzw. 20 10-Euro-Gedenkmünzen) akzeptieren.
Das jedoch nur nach Gesetz und in der Theorie, in der Praxis besteht nämlich ein „Hindernis“: die Privatautonomie.
Durch die Privatautonomie, also die Vertragsfreiheit, ist es Vertragsparteien überlassen, sich auf die Zahlungsmodalitäten zu verständigen und eben auch unbare Zahlungen oder andere Zahlungsmittel als die gesetzlichen zu vereinbaren (etwa 70 Kamele statt Euro).
Vertragsfreiheit: Kein Bargeld, nur Karte! Möglich?
Grundsätzlich, also wieder einmal in der Theorie, kann also ein Cafébetreiber beschließen, nur noch Zahlungen mittels Plastikkarte oder Smartphone zu akzeptieren.
Um damit durchzukommen, muss er seine Kunden jedoch vor (!) Entstehung der Geldschuld darüber aufklären – man denke hier an die Schilder an Zapfsäulen, dass die Tankstelle keine 200- oder 500-Euronoten akzeptiert. Erfährt der Kunde jedoch erst an der Kasse bzw. beim Bezahlvorgang vom geschäftseigenen „Bargeldverbot“, muss das Geschäft dennoch Bargeld akzeptieren.
1. Hilfe bei Cash-Verbot:
Der Scheck auf der Serviette / dem Bierdeckel
Hier stellt sich für Bargeldliebhaber, Hobbyjuristen und Querulanten sofort die Frage, ob dieser Aufkleber "We are a cash free restaurant" ausreichend ist, um AGB-mäßig in die vertragliche Beziehung zwischen Gast und Wirt einbezogen zu werden. Vermutlich nicht. Man könnte dann auf Barzahlung bestehen.
Aber unterstellen wir für ein weitergehendes Gedankenexperiment doch, dass zumindest unbare Zahlung ohne weitere abschließende Definition Teil des Vertrags geworden ist und wir dennoch keine Plastikkarten bei uns führen. Was nun?
Wir stellen einen Scheck aus!
Ein Scheck muss nicht aus einem Formularheftchen der Bank kommen oder auf speziellem Papier oder mit besonderer Tinte ausgestellt sein, die einzigen Anforderungen an einen Scheck befinden sich im Scheckgesetz und so kann man in der Not auch schnell auf einer Serviette, einem Kassenzettel oder einem Bierdeckel einen Scheck ausstellen.
Es braucht nur ausreichend Platz oder eine schmale Handschrift für folgende gesetzlich nötige Bestandteile:
- Die Scheckklausel: Das Wort „Scheck“ muss im Text der Urkunde enthalten sein.
- Name des bezogenen Kreditinstituts: Der Name desjenigen, der angewiesen wird zu zahlen, muss auf dem Scheck bezeichnet sein.
- Unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen
- Tag der Ausstellung
- Ausstellungsort
- Unterschrift des Ausstellers
Aber Achtung: Der Scheck ist – genau wie die EC- oder Kreditkarte, das smarte Telefon mit Verbindung ins Onlinebanking etc. – kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern ein „anerkanntes Zahlungsmittel“. Mit dem Scheck kann nur erfüllungshalber aber nicht Erfüllungs statt gezahlt werden. Bares bleibt im Zweifel also Wahres.
Wo in der EU Bargeldzahlungen bereits vom Staat überreglementiert und Bar-Zahlungen auf teils 1.000 oder sogar nur 500 Euro beschränkt worden sind, können Sie dieser Karte entnehmen.
In Deutschland können Sie noch bis zu 14.999,99 Euro bar zahlen, ohne Ihren Ausweis vorzeigen zu müssen, in Österreich können Sie sogar noch unlimitiert Bargeld ausgeben – in der Südschiene lauert dagegen die Finanzpolizei schon bei Barzahlungen mittlerer Größenordnung.