Trotz geopolitischer Risiken, Rezessionsgefahr und schwelendem Handelskrieg tasten sich die Aktienmärkte langsam nach oben. Ist diese Tendendenz nachhaltig? Und wie sieht es an der Zinsfront aus?
von Sven Weisenhaus
Die Aktienmärkte können heute ordentlich zulegen und damit die Konsolidierung der vorangegangenen Tage nach oben auflösen. Kurzfristig ist dies ein klar bullishes Signal, übergeordnet betrachtet wurde damit aber noch nicht viel gewonnen. Denn der Dow Jones blieb noch unterhalb seines Trendhochs (siehe roter Kreis im folgenden Chart). Und aktuell zeichnet sich eine Wendekerze ab.
Der S&P 500 konnte mit mehr als 2.900 Punkten zwar ein neues Trendhoch erreichen und sogar die abgeflachte Aufwärtstrendlinie (blau im folgenden Chart) brechen, doch war dieser Anstieg nicht nachhaltig. Daher sollte man angesichts der deutlich überkauften Lage noch eine Bestätigung abwarten in Form eines Schlusskurses oberhalb dieser Linie oder sogar noch einer bullishen Folgekerze, die dann wieder eine klare Trendbeschleunigung anzeigt.
Und auch dem DAX ist zwar intraday ein neues Bewegungshoch gelungen, doch auch hier war der Ausbruch nicht nachhaltig. Denn auch hier drückt eine Aufwärtstrendlinie auf den Kurs.
Die Aktienkurse zeigen nach den kurzen Konsolidierungen also wieder klar nach oben. Doch man sollte jedes bullishe Signal mit Vorsicht genießen. Denn die Kurse sind in allen drei Indizes deutlich überkauft. Und nach jedem starken Kursanstieg folgt eine längere Konsolidierung.
Starke Nachfrage nach Anleihen könnte pausieren
Das gilt auch für die Anleihemärkte. Und weil die Aktienmärkte weiterhin Stärke zeigen und die Anleger dadurch inzwischen wieder risikofreudiger werden, werden sichere Häfen wie Anleihen jüngst weniger nachgefragt. Zuvor hatten diese aber ebenfalls eine ordentliche Rally aufs Börsenparkett gelegt, so dass die Umlaufrendite sogar wieder in den negativen Bereich gefallen ist und dabei ihren etablierten Abwärtstrend (rot im folgenden Chart) sogar nach unten verlassen hat.
Analog dazu hat der Bund-Future einen sehr engen und sehr steilen Aufwärtstrend ausgebildet, der an eine Fahnenstange erinnert. Und derartige Kursmuster deuten auf eine Übertreibung hin. Meist kommt es im Anschluss an solche dynamische Bewegungen zu einem ebenso schnellen Rückfall.
Im Bund-Future war es in der Vergangenheit zumindest meist so, dass es nach derartigen Anstiegen jeweils zu längeren Konsolidierungen mit teils scharfen Rücksetzern kam. Und insofern wäre nun ein guter Zeitpunkt, auch am Rentenmarkt Gewinne mitzunehmen oder sogar mit kleinen, spekulativen Positionen auf fallende Kurse zu setzen.
Konstant hohe Nachfrage trifft auf konstant niedriges Angebot
Allerdings gilt es dabei weiterhin zu beachten, dass durch die schwarze Null im Bundeshaushalt und die Reinvestitionen der Europäischen Zentralbank (EZB) bei Bundesanleihen ein lediglich konstantes Angebot auf eine hohe Nachfrage trifft. Am 14.12.2018 hatte ich bei der letzten Bund-Future-Analyse darauf hingewiesen, dass die Wiederanlagen der EZB ab 2019 unter Berücksichtigung des dann gültigen Kapitalschlüssels erfolgen und Deutschland damit einen größeren Anteil erhält. „Das heißt, die Nachfrage wird zunächst noch weiter steigen“, hieß es dazu. Und der steile Anstieg des Bund-Futures dürfte auch ein Ergebnis davon sein.
Ein Rücksetzer ist fällig
Doch da die Renditen inzwischen wieder deutlich negativ sind und sich dabei eine klare charttechnische Übertreibung abzeichnete, die nun bereits in einen kleinen Rücksetzer mündete, könnte damit wieder eine größere bzw. längere Konsolidierung eingeleitet worden sein. Und diese könnte man nun vorsichtig nutzen– wie oben bereits geschrieben – entweder für Gewinnmitnahmen oder sogar für kleine Short-Trades. Bei diesen sollte man den Stopp aber auf das aktuelle Trendhoch legen und dann möglichst zügig auf Einstandskurs nachziehen.
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