Weltweit tendieren die Zinsen gegen Null. Was können also die Notenbanken noch tun, wenn es zu einer Rezession kommt? Die Lage dürfte beunruhigend werden. Einzige Rettung: Gold.
Zinsen für deutsche Schulden: Alles im Minus
Quelle: de.investing.com
von Rolf Ehlhardt
Es mehren sich die Stimmen, die von einer deutlichen Wachstumsverlangsamung der Weltwirtschaft ausgehen. Die Notenbanken beruhigen: Verlangsamen ja, aber keine Rezession.
Die FED hatte allerdings auch noch weitere Zinsschritte signalisiert, die EZB Zinserhöhungen ab Herbst prognostiziert. Beides wurde jetzt gestrichen. Volltreffer waren die Aussagen also nicht. WTO und IWF äußern sogar Ängste. Und was sind die Anzeichen für schwierige Kapitalmärkte?
Alle Nachrichten sind gute Nachrichten. Z.B.: Steigen die Leitzinsen, ist das ein Zeichen für eine starke Wirtschaft. Stagnieren oder fallen die Zinsen, bedeutet dies eine Ankurbelung der Wirtschaft. In beiden Fällen steigen die Aktien. Solange die Kapitalmärkte den Kommentierungen der Notenbanken hörig folgen, sind die Risiken begrenzt. Was aber, wenn nicht? Das neue „Problemkind“ könnte USA heißen.
Zunächst darf ich feststellen, dass das Wachstum der Weltwirtschaft seit der Finanzkrise durch massive Ausweitung der Schulden und eine Manipulation der Zinsen in Richtung Null erzielt wurde. Durch die niederen Zinsen sind die Kosten für die noch höheren Schulden bezahlbar geblieben. Im Gegenteil: Man konnte die Kredite noch weiter ausbauen, bis die Höhe der Zinskosten von vor 5 Jahren erreicht wurde.
Fatale Folgen dieser Politik: Die Basisverschuldung steigt, die Konsumenten kaufen „alles“, was sie sich bei normalen Zinsen auf die nächsten 10 Jahren hätten aufteilen müssen. Die Gefahr der „Vorkonsumierung“ ist extrem gestiegen. Wenn die Käufe fast alle getätigt sind, verlieren die niedrigen Zinsen logischer weise ihre Wirkung auf den Konsum und damit auf das Wirtschaftswachstum. Und der Konsument wird für weitere Kredit unwürdig.
Die USA stellt nun ein besonderes Problem dar. Das BIP ist in hohem Maße vom Konsum abhängig (ca. 70%). Dass eine Vorkonsumierung stattgefunden hat, zeigen die Kredit-Höchststände bei den Autofinanzierungen, den Studentenkrediten und bei den Kreditkartenschulden.
Nur die Immobilienkredite liegen etwa 5% unter dem Krisenniveau. Anfang April berichtet FED-Boss Powell, dass sich die Privatschulden zum BIP von 100% auf 80% verringert haben. Was er aber verschwiegen hat, ist eine andere Statistik, die besagt, dass sich die Lohnsumme im Verhältnis zum BIP von 51% auf 43% ebenfalls verringert hat. Also ist das BIP stark gestiegen, aber nicht bei den Löhnen angekommen.
Der nächste Hammer: Leasing zählt in der Statistik nicht zu den Schulden! Man schönt eine Statistik halt so gut man kann. Die Leasingrate beeinträchtigt aber die Fähigkeit zur Bedienung der Kredite kolossal. Sie wird schließlich auch von dem Gehaltskonto abgebucht.
Mit einem noch stärker zurückgehenden Wachstum könnten die Kreditprobleme der Amis zutage treten. Denn insgesamt haben Staat, Unternehmen und Private ca. 70 Bill. Schulden aufgetürmt. Wer soll diese, plus die Neuschulden finanzieren? Die Chinesen und die Russen sicher nicht.
Europäer und Schwellenländer können nicht und mit den Saudis legen sich die Amerikaner gerade an, in dem sie das „Nopec“-Gesetz installieren wollen, womit die Absprachen der Opec illegal und damit verklagbar würden. Als „Gegenmaßnahme“ haben die Länder angedroht, den US-Dollar als Ölwährung abzusetzen.
Es werden dann weniger Dollar benötigt, da auch der Öl Käufer keine Dollar kaufen muss. Eine weitere Drohung ist die kräftige Ausweitung der Ölförderung, was zwar den Preis senken und der Welt Kosten ersparen, aber auch die meisten Fracking-Unternehmen der USA in Bedrängnis bringen würde.
Die erste Folge wäre ein sich kräftig abschwächender US-Dollar. Die FED müsste die Zinsen anheben, um den Währungsverfall aufzuhalten. Die steigenden Zinsen würden eine wachsende Zahl von Privatschuldnern und schwachbrüstigen Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit drücken. Experten schätzen, dass die Volumen von bestenfalls zweitklassiger Kredite bei rund 1.300 Mrd. liegen.
Etwa die gleichen Volumen wie vor zirka 10 Jahren die faulen Immobilienkredite. Die Anleihe- und Aktienmärkte dürften einbrechen. Spätestens jetzt in dessen Folge auch der Immobilienmarkt. An den Kapitalmärkten entsteht ein Teufelskreis aus rezessiver Wirtschaft, steigender Zinsen und Inflation, fallender Immobilien-, Anleihen- und Aktienmärkten und einem einbrechenden US-Dollar.
Die Illusion eines dauerhaften Wachstums durch Geldschöpfung findet ein jähes Ende. Das Vertrauen weicht der Angst. In ähnlichem Umfeld stiegen die US-Zinsen Anfang der 80er-Jahre auf bis zu 15%. Allerdings hatte der Staat damals nur 1,3 Billionen Schulden (heute über 22 Bill.). Wenn jetzt noch die Asiaten, um weitere Kursverluste in Anleihen und Währung zu vermeiden, sich von ihren Dollar-Beständen trennen? Man sollte das Szenario gar nicht weiterdenken.
Die wahrscheinlich beste Vermögensversicherung in diesem Szenario heißt Edelmetalle. Bei Ausbruch einer solchen Krise könnte sich der Ablauf durch den wahnwitzigen Derivate-Markt (ca. 750 Bill.) so rasant beschleunigen, dass ein überlegtes Handeln unmöglich ist.
Die Engagements in Gold und Silber sollten deshalb zuvor abgeschlossen sein. Vielleicht ist die derzeitige Schwäche die letzte Gelegenheit. Aber wer kann sich heute schon vorstellen, Goldkurs bei über $ 2.000,-, Silber über $ 50,-, der Euro/USD bei über 1,80 oder der DAX unter 8.000? Keiner! Genau darin liegt die Gefahr.