Der Handelskrieg zwischen China und USA mündet nun in einen Währungskrieg. Frage: Fällt der Yuan wegen Handelskrieg oder wegen Manipulation seitens der "People's Bank of China" (PBoC). Alles ist möglich. Börsen in Crashgefahr.
von Sven Weisenhaus
Die Aktienmärkte erlebten zum Wochenauftakt den schwächsten Tag des Jahres. Der Dow-Jones-Index sackte zum Beispiel gegenüber dem Schlusskurs von Freitag um 2,9 % oder 767,27 Punkte auf 25.717,74 Zähler ab. Im Tagestief betrug das Minus sogar fast 1.000 Punkte.
Der S&P-500-Index büßte am Ende 3,0 % ein, die Nasdaq-Indizes gaben sogar um gut 3,5 % nach. Grund dafür ist, dass sich der Handelsstreit zwischen den USA und China nach der Ankündigung neuer Zölle durch US-Präsident Donald Trump über das Wochenende weiter verschärft hat. So hat China nach eigenen Angaben den Kauf von US-Agrarprodukten ausgesetzt. Zudem teilte das Handelsministerium in Peking mit, nachträgliche Zölle auf seit dem 3. August erworbene Erzeugnisse aus den USA zu erwägen.
Ist China ein Währungsmanipulator?
Noch mehr Aufmerksamkeit erhielt allerdings das Geschehen auf dem Devisenmarkt. Am Montag rutschte der chinesische Yuan auf den tiefsten Stand seit elfeinhalb Jahren. Erstmals seit 2008 kostete ein Dollar wieder mehr als 7 Yuan. Trump kritisierte die Abwertung der chinesischen Währung prompt per Twitter und warf dem Land Währungsmanipulation vor.
Wenig später erklärte Finanzminister Steven Mnuchin, die USA hätten die Volksrepublik erstmals seit 25 Jahren wieder offiziell als Währungsmanipulator eingestuft. Die US-Regierung werde sich nun an den Internationalen Währungsfonds (IWF) wenden, „um gemeinsam gegen den unlauteren Wettbewerb vorzugehen“, so Mnuchin. Ob dies einen Nutzen hat, darf bezweifelt werden. Denn erst vorigen Monat war vom IWF zu hören, dass er zwar den Dollar für 6 % bis 12 % überbewertet hält, der Yuan-Kurs aber im Einklang mit der schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung des Landes stehe.
China wies den US-Vorwurf der Währungsmanipulation natürlich umgehend zurück. Die Volksrepublik habe und werde den Yuan nicht als Waffe im Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten einsetzen, erklärte die chinesische Zentralbank heute. Und China als Währungsmanipulator einzustufen, stelle eine ernste Verletzung internationaler Regeln dar.
Dennoch scheint sich der Handelsstreit nun tatsächlich zu einem Währungskrieg auszuweiten. Auf diese Gefahr hatte ich bereits Ende Mai hingewiesen (siehe „Folgen dem Handelskrieg auch noch ein Währungs- und Technologiekrieg?“). Doch schon damals schrieb ich, dass das Thema der Währungsmanipulation nicht neu ist. Und es ist zweifelhaft, ob China tatsächlich für die Abwertung des Yuan aktiv verantwortlich ist.
Chinas Notenbank kontrolliert die Währungsentwicklung
Grundsätzlich bewegt sich der Yuan-Kurs nicht gänzlich frei nach Marktkräften, sondern wird von der Notenbank Chinas, der People’s Bank of China (PBoC) beeinflusst. Der Yuan darf einen von der Notenbank täglich vorgegebenen Kurs nur in einer bestimmten Spanne über- und unterschreiten. Laut Devisenexperten ist es aber so, dass die PBoC den Yuan gegenüber dem Dollar bislang gestützt hat, auch um die Verhandlungen mit den USA nicht zu gefährden. Dazu ist sie nun nach der jüngsten Verschärfung im Handelsstreit offenbar nicht mehr bereit, so dass der Yuan nun von den Marktkräften innerhalb der von der Notenbank vorgegebenen Spanne abgewertet wird.
Abwertung des Yuan ist eine logische Marktentwicklung
Dabei wertet der Yuan auch insbesondere deshalb ab, weil der Handelsstreit die chinesische Wirtschaft belastet (siehe dazu auch die Konjunkturdaten unten) und diese durch höhere Schulden der Regierung gestützt wird – die Verbindlichkeiten von Staat, Unternehmen und privaten Haushalten summieren sich in China bereits auf 303 % des Bruttoinlandsproduktes. In einer Volkswirtschaft, in der die Wirtschaft schwächelt und die Verschuldung steigt, schwächelt gewöhnlich die Währung. Und nichts anderes macht derzeit der Yuan. (Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die Euro-Schuldenkrise.)
Ohne Frage kommt diese Entwicklung der Regierung in Peking entgegen, die sicherlich willens ist, durch einen schwächeren Yuan zumindest einen Teil der aus den US-Zöllen resultierenden Nachteile für die chinesische Exportwirtschaft zu verringern. Schließlich werden durch die Abwertung des Yuan chinesische Exporte im Ausland billiger.
Die bisher bereits eingeführten und auch die für Anfang September angedrohten Strafzölle der USA werden somit durch die Entwicklungen am Devisenmarkt zumindest teilweise kompensiert. (Laut einem Experten der Deutschen Bank würde rein rechnerisch ein Dollar-Kurs von 7,40 Yuan die Beeinträchtigung der chinesischen Konjunktur durch die US-Strafzölle ausgleichen.)
Trump will einen schwächeren Dollar
Aber auch Donald Trump hat schon öfter seinen Willen geäußert, den Dollar zu schwächen um die Exporte der USA anzukurbeln. Erst am vergangenen Freitag hatte ich dazu geschrieben, dass Trump mit den neuen Zöllen auch den Dollar schwächen wolle. Dennoch sind inzwischen lediglich die Chinesen in den Verdacht geraten, ihre Währung zu manipulieren, um Wettbewerbsvorteile zu erhalten.
Kurioserweise hat die chinesische Zentralbank aber ihre Geldpolitik ungeachtet der Zinssenkung der US-Notenbank jüngst nicht weiter gelockert. Sie griff am vergangenen Donnerstag nicht zu dem geldpolitischen Mittel einer Zinssenkung und betonte, die Versorgung der Banken mit Geld sei „angemessen groß“.
Seit 2015 gab es in China keine Leitzinssenkung. Um die heimische Konjunktur zu stimulieren, haben die chinesischen Währungshüter stattdessen auf andere Instrumente zurückgegriffen. So müssen Geschäftsbanken zum Beispiel weniger Geld als Sicherheit bei der Zentralbank parken, was mehr Spielraum für Kredite an Unternehmen eröffnet. Seit 2018 wurde dazu der sogenannte Mindestreservesatz sechs Mal gesenkt.
Chinas Wirtschaft schwächelt
Doch geholfen hat dies nur begrenzt. Denn laut den Einkaufsmanagern schrumpft die chinesische Industrie derzeit. Der am Donnerstag veröffentlichte Index für das verarbeitende Gewerbe von Caixin/Markit wies für Juli einen Wert von 49,9 Punkten aus, nachdem es im Juni sogar nur 49,4 waren. Das Stimmungsbarometer notiert damit weiterhin unterhalb der Schwelle von 50 Zählern, ab der Wachstum signalisiert wird. Die Industrie spürt also die Auswirkungen des Handelsstreits.
Aber auch das Wachstum in Chinas Dienstleistungsbranche hat sich im Juli weiter verlangsamt. Der am gestrigen Montag veröffentlichte Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex für den Service-Sektor fiel auf 51,6 Punkte, von 52,0 Zählern im Juni. Das ist der niedrigste Stand seit Februar.
Es sollte also vor diesem Hintergrund nicht verwundern, dass auch Chinas Währung Schwäche zeigt. Aber dennoch könnten sich die USA veranlasst sehen, Maßnahmen gegen die vermeintliche Währungsmanipulation zu ergreifen. Und dann hätten wir neben einem Handelsstreit auch noch den bereits befürchteten Währungskrieg.
Gold ist derzeit sehr gefragt
Ein Profiteur dieser Entwicklung ist der Goldpreis. Denn sollten diverse Länder versucht sein, die eigene Währung zu schwächen, dann ist Gold als „beständige Währung“ natürlich umso stärker gefragt. Und daher greifen Anleger auch jetzt schon wieder beherzt zu. Der Goldpreis hat nach einer kurzen Konsolidierung jüngst ein neues Bewegungshoch markiert.
Der nächste relevante Widerstand ist aktuell erst bei 1.532,8 USD zu erkennen. Es sollte also nicht überraschen, wenn diese Marke noch angelaufen wird, solange die aktuellen Spekulationen über einen möglichen Währungskrieg anhalten.
Bärenfalle im EUR/USD
Ein weiterer Profiteur ist der Euro. Denn der konnte zum US-Dollar deutlich zulegen und damit das bearishe Signal aus dem neuen Korrekturtief neutralisieren. Es gelang sogar ein erneuter Anstieg über die Abwärtstrendlinien der Keilformation.
Dies ist zwar nun noch nicht bullish zu werten, denn die Keilformation hat keine Relevanz mehr, doch hat das Szenario Form angenommen, wonach der Wechselkurs vielleicht die Abwärtstendenz lediglich moderater fortsetzt oder gar in eine Seitwärtstendenz übergeht.
Glücklicherweise sollten Sie als Leser der Börse-Intern aber von diesen Entwicklungen profitieren können. Denn wir hatten rechtzeitig die Szenarien für den Euro aufgezeigt, vor den Kursverlusten an den Aktienmärkten gewarnt und zum Einstieg in den Goldpreis aufgerufen.
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