Im Jahr 2018 verzeichnete Deutschland im internationalen Warenhandel einen Überschuss von 228 Milliarden Euro, das ist Weltrekord. Folge: In Deutschland tätige Wirtschaftsteilnehmer haben Bruttoforderungen an das Ausland von 6 Billionen Euro angehäuft.
Wann immer man in Deutschland das Für und Wider des Euro diskutiert, findet man auf der Pro-Seite die wunderbaren deutschen Exporte aufgeführt. Im Jahr 2018 hatten wir im internationalen Warenhandel einen Überschuss von 228 Milliarden € zu verzeichnen, das ist Weltrekord.
Aber was tun mit diesem Überschuss?
Zunächst ist klar: Der internationale Warenverkehr nützt allen Beteiligten, ohne ihn wäre die Welt als Ganze heute ärmer. Er überträgt das von dem großen Adam Smith ins Rampenlicht gerückte Prinzip der Arbeitsteilung auf die internationale Ebene. Jeder macht das, was er am besten kann, die einen Autos, die anderen Schuhe, Möbel oder Käse, und dann wird getauscht. Das gilt im Kleinen wie im Großen.
Wie ein anderer großer Ökonom, David Ricardo, herausgefunden hat, bleibt das selbst dann noch nutzenstiftend, wenn ein Land sowohl in der Käse- wie in der Autoproduktion effizienter als sein Nachbar ist: Das am preiswertesten produzierte Gut wird nochmals intensiver hergestellt, mit dem Verkauf ans Nachbarland bekommt man mehr Käse, als hätte man ihn selber hergestellt. Insofern profitieren auch alle in Deutschland tätigen Wirtschaftsteilnehmer ganz enorm davon, dass es einen internationalen Warenaustausch gibt.
Vorausgesetzt, dass es ein Austausch ist. Aber das ist in Deutschland seit langem nicht mehr der Fall. Selbst wenn wir die Dienstleistungen hinzunehmen, insbesondere das Tourismusgewerbe, bleibt hier seit mehr als einem Dutzend Jahren regelmäßig ein Überschuss.
Diese Überschüsse schlagen sich in Forderungen an das Ausland nieder. Die Ökonomen sagen dazu auch Kapitalexport.
Als Folge dieser Kapitalexporte haben in Deutschland tätige Wirtschaftsteilnehmer inzwischen Bruttoforderungen an das Ausland von rund 6 Billionen € angehäuft, das ist mehr als das Doppelte des jährlichen Sozialprodukts.
Und es sind diese Billionenforderungen, auf die viele Bundesbürger – direkt oder indirekt - ihre Altersvorsorge und ihren Lebensabend gründen. Und diese 6 Billionen € sind dann eines Tages, wenn wir sie brauchen, zu großen Teilen nicht mehr da.
Den Anfang hat Griechenland im März 2012 mit einem Schuldenschnitt von 200 Milliarden € gemacht. Da waren auf einmal – schwuppdiwupp - 200 Milliarden Euro Vermögen weg. Und weitere Schuldenschnitte, auch für andere Länder und auch wenn man sie anders nennt, kommen so sicher wie das Amen in der Kirche.
Wenn aber die Importeure, d.h. die Empfänger der deutschen Exporte, diese Waren nicht bezahlen, dann hätte Deutschland als Ganzes dem Ausland diese Waren sozusagen geschenkt. Wie man darüber in Jubelstürme ausbrechen kann, müssen mir die Herren DAX-Vorstände und Gewerkschaftsbosse in einer ruhigen Stunde einmal ausführlich erklären.
Die Exporteure direkt und deren Arbeitnehmer erhalten zwar ihr Geld, deshalb sind beide auch so dezidiert pro Euro eingestellt, aber dieses Geld ist indirekt von anderen Bundesbürgern nur geborgt. Und diese sehen einen guten Teil dieses geborgten Geldes niemals wieder. Insofern findet hier auch, und das wird in der aktuellen Euro-Debatte viel zu wenig wahrgenommen, auch eine riesige innerdeutsche Einkommens und Vermögensumverteilung statt.