USA, Tag nach Zinssenkung: Trump tobt und Renditen fallen. Gold und Silber steigen. Die Alarmzeichen mehren sich. Minuszinsen demnächst auch in Dollar? Trump: "Wir sollten niedrigere Zinssätze als Deutschland haben."
von Sascha Opel
Die FED hat gestern die Zinsen erwartungsgemäß um weitere 0,25% auf die nunmehr geltende Spanne von 1,5 bis 1,75% gesenkt. Gleichzeitig signalisierte FED-Chef Powell eine vorübergehende Pause der bisherigen Zinssenkungsserie.
In seiner Pressekonferenz gab sich Powell relativ optimistisch in Hinblick auf die US-Wirtschaft, was als Zeichen dafür gedeutet wurde, dass ein nächster Zinsschritt in 2019 nicht mehr bevorsteht. Gleich mehrfach hat er zudem betont, dass das Inflationsrisiko aktuell gering sei und dass die Aufgabe der Fed darin bestehe, die Arbeitslosigkeit niedrig und die Preise so stabil wie möglich zu halten. Auch das Risiko eines No-Deal-Brexits sei gesunken, erklärte er.
Die große Kunst bestand also darin, ohne negative Marktreaktionen die Botschaft rüberzubringen, dass man vor hat, vorerst mit den Zinssenkungen zu pausieren. Denn Sie wissen ja, wie es um den „Junkie“ bestellt ist.
Wenn die „Stoff-Lieferung“ (billigeres Geld) ausbleibt, liegen die Nerven blank. Bislang scheint diese Aussicht auf Zinssenkungspause die Märkte (noch) nicht zu stören. Lediglich Donald Trump setzte (mal wieder) einen seiner beinahe schon legendären Tweets gegen Jay Powell und die FED ab:
„Die Leute sind sehr enttäuscht über Jay Powell und die FED. Die FED hat es von Beginn an nicht verstanden. Zu schnell, zu langsam. Zuerst haben sie sogar die Geldmenge verknappt. Andere (Zentralbanker) laufen im Kreis um sie herum und lachen diese Bank aus. Der US-Dollar und die Zinsen schaden unserem verarbeitenden Gewerbe.
Wir sollten niedrigere Zinssätze als Deutschland, Japan und alle anderen haben. Wir sind mit Abstand das größte und stärkste Land, aber die FED beschert uns einen kompetitiven Nachteil. China ist nicht unser Problem, die FED ist es! Aber wir gewinnen trotzdem!“
Wer also glaubte (wie wir irrtümlich), die FED und Trump ziehen inzwischen an einem Strang, der bekam gestern mit diesem „Hass-Tweet“ auf die FED einmal mehr das Gegenteil serviert.
Für Trump gehen die Zinssenkungen nicht schnell und nicht weit genug. Inwiefern die Märkte nun Ruhe geben, darf ebenfalls angezweifelt werden. Gold und Silber ziehen schön nach oben und bei aktuell 1.512 USD stehen die Chancen nicht schlecht, dass die 1.520 USD als Wiederstand bald überwunden werden. Ob es dann schon bis zum bisherigen Jahreshoch bei 1.557 USD reicht, muss aber angesichts der Terminmarktpositionierung in Frage gestellt werden. Silber bei aktuell 18,06 USD sieht ebenfalls konstruktiv aus.
Die beachtlichste Bewegung vollzieht sich heute aber bei den US-Zinsen. Hier gibt es bei der 10-jährigen Rendite einen Einbruch um fast 100 Basispunkte, von 1,8 Prozent auf 1,7 Prozent! Die Erholung der Zinsen wurde damit jäh umgekehrt, obwohl Powell doch eine Atempause bei den Zinssenkungen verkündet hat.
Nanu, wie passt das zusammen? Sendet der Zinsmarkt wohl doch neue „Alarmsignale“, welche der Aktienmarkt noch nicht hören will? Sprich: Artikuliert der Anleihemarkt seine Unzufriedenheit mit der verordneten Zinssenkungspause?
Ist der „Junkie“ schon nervös, weil die nächste Lieferung an noch billigerem Geld nun länger dauern soll? Wenn es so wäre, freuen wir uns auf einen „goldenen November“.