Die Wirtschaftsdaten sind schlecht, die Börsen steigen. Grund könnten maasenweise Neueinsteiger sein, besonders aus dem Wettbereich. Da Sport tot ist gehen viele Spieler zur Börse und wetten dort - auf steigende Kurse. Kann das gut gehen?
von Claus Vogt
Kürzlich berichteten die US-Discountbroker von einem starken Anstieg der Depoteröffnungen. Die dahinter stehenden Kunden seien offenbar Börsenneulinge. Das erkenne man daran, dass sie viel Zeit mit Online-Einführungsmaterial verbringen, das die elementaren Grundkenntnisse über Aktien vermittelt.
Auch in Deutschland kam es massenweise zu Depoteröffnungen.
Das teilten die drei Direktbanken ING DiBa, Deutsche Kreditbank (DKB) und Comdirect den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit. Bei der Comdirect und ihrer Tochterbank Onvista hat sich die Nachfrage seit Krisenbeginn verdoppelt.
"Im Januar und Februar hatten wir pro Monat rund 25.000 Depot-Neukunden, im März und April waren es jeweils rund 50.000 neue Depots", sagte Arne Thurich, Comdirect-Senior Manager für Marktforschung, den Funke-Zeitungen. Ein Drittel der Neukunden sei unter 30 Jahre alt, drei Viertel aller Neukunden seien Männer. Aber auch jüngere Frauen würden seit Krisenbeginn verstärkt Depots eröffnen.
"Vor der Krise waren 28 Prozent der Neukundinnen unter 30 Jahre, jetzt sind es ein Drittel", sagte Thurich. Unter den Neukunden seien 57 Prozent Börseneinsteiger, die erstmals ein Online-Depot eröffnet haben. "Im April waren sogar 73 Prozent unserer Neukunden Börseneinsteiger", sagte Thurich.
Börse statt Sportwetten?
Die Financial Times hat dieses Phänomen, das Erinnerungen an die Endphase des Neuen Marktes hervorruft, etwas näher unter die Lupe genommen und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:
„Spieler, die keine Sportwetten mehr abschließen können, weil der Spielbetrieb eingestellt wurde, haben in Scharen die US-Börse für sich entdeckt. Sie bilden eine neue Kundenklasse der Online-Broker und treiben die Kurse.“
Während Börsenneulinge den Markt mit Kaufaufträgen fluten, ist Altmeister Warren Buffett für seine Verhältnisse extrem bearish und hält einen rekordhohen Cash-Anteil.
Was wir hier gerade erleben, ist die moderne Variante der sprichwörtlichen Milchmädchenhausse. Wie ihre altmodischen Vorgänger wird sie kein gutes Ende nehmen.
Abstürzende Unternehmensgewinne
Getrieben von dieser neuen Spekulantenklasse haben sich die Aktienkurse trotz der realwirtschaftlichen Horrormeldungen, die den Beginn einer sehr schweren Rezession belegen, teilweise deutlich erholt.
Im Moment ist es den Zentralbanken mit ihrer Geldflut und ihren Marktmanipulationen also gelungen, die Finanzmärkte von den realwirtschaftlichen Entwicklungen abzukoppeln und riesige Spekulationsblasen aufzupumpen. Sie haben die Börse jetzt im wahrsten Sinne des Wortes in ein Spielkasino verwandelt.
Die Kombination aus steigenden Kursen und einbrechenden Unternehmensgewinnen hat dazu geführt, dass die fundamentale Überbewertung der US-Börse neue Rekorde erreicht hat, also noch höher ist als im Februar dieses Jahres oder an den Höhepunkten der Jahre 2000 und 1929.
Extremwerte an den Optionsmärkten
Ein besonders spekulatives Segment stellen die Optionsmärkte dar. Die auf ihnen basierenden Indikatoren diverser Put-Call-Ratios haben in den vergangenen Tagen teilweise stärkere Warnsignale gegeben als am Februar-Hoch – und das, obwohl die Aktienkurse mehr oder weniger deutlich niedriger sind als damals.
Diese Entwicklung deutet ebenso wie zahlreiche andere Kennzahlen der technischen Analyse darauf hin, dass die im März begonnene Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten nur eine Bearmarketrally ist, die sich jetzt in ihrer Endphase befindet.
Für Gold neues kurzfristiges Kursziel 2.000 Dollar
Ganz anders als an den allgemeinen Aktienmärkten stellt sich die Lage bei den Edelmetallen dar. Wie Sie auf dem folgenden Chart sehen, ist der Goldpreis im April dieses Jahres über die Widerstandszone bei rund 1.700 $ pro Unze ausgebrochen und auf ein Jahreshoch gestiegen. Seither konsolidiert er auf diesem Niveau.
Goldpreis pro Unze in $, 2019 bis 2020
Quelle: StockCharts.com
Auf den Anstieg über den Widerstand bei 1.700 $ pro Unze folgte eine Konsolidierung in Form eines bullishen Dreiecks. Die gesamte Formation hat ein Kursziel von 2.000 $ bis 2.050 $ pro Unze.
Dabei hat sich ein bullishes Dreieck herauskristallisiert, das ich als Sprungbrett für den Ausbruch über die bei 1.800 $ verlaufende Widerstandszone interpretiere. Aus dieser Formation ergibt sich ein Kursziel von 2.000 $ bis 2.050 $ pro Unze.
Die Konsolidierung dauert inzwischen schon sechs Wochen und hat zu einem deutlichen Rückgang der Sentimentindikatoren geführt. Für den in den USA gehandelten und mit Abstand größten Gold-ETF befinden sich die Sentimentindikatoren jetzt auf einem Niveau, das eine Kaufgelegenheit signalisiert. Diese Feststellung gilt auch für den größten Goldminenaktien-ETF.
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