US-Senatoren haben in einem Brief gewarnt, dass die USA den Ostseehafen von Sassnitz „finanziell zerstören“, wenn dieser weiter als logistische Basis von "Nord Stream 2" dienen sollte. Regierung hilflos.
Börsen-Zeitung: "Politische Pipeline", Kommentar zu Nord Stream 2 von Christoph Ruhkamp
Die jüngste US-Sanktionsdrohung gegen Unternehmen, die am Bau der 10 Mrd. Euro teuren russischen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligt sind, sorgt in Deutschland parteiübergreifend für Empörung, und der Ruf nach Gegenmaßnahmen wird lauter.
Drei Senatoren der Republikanischen Partei von US-Präsident Donald Trump haben - ein wenig überkandidelt - den Betreibern und Aktionären des Fährhafens Sassnitz auf Rügen mit der "finanziellen Vernichtung" gedroht sowie mit Einreisesperre in die USA und dem Einfrieren von Eigentum. Nun könnten Deutschland und die EU mit dem Verbot von Importen von verflüssigtem US-Frackinggas per Tanker in die EU reagieren.
Zitat Außenminister Heiko Maas: "Mit ihren Ankündigungen von Maßnahmen, die auch europäische Unternehmen mit Sanktionen bedrohen, missachtet die US-Regierung das Recht und die Souveränität Europas, selbst zu entscheiden, wo und wie wir unsere Energie beziehen.
Die europäische Energiepolitik wird in Europa gemacht und nicht in Washington. Extraterritoriale Sanktionen lehnen wir klar ab." Diesen Worten jetzt mit Gegensanktionen Taten folgen zu lassen, wird schwierig.
Eine Sanktionsspirale wäre wohl die Folge. Wahrscheinlicher ist deshalb, dass Berlin diplomatischere Gegenmaßnahmen findet. Schließlich dauert es nur noch drei Monate, bis Trump abgewählt werden kann.
Zu dessen Wahlkampfkalkül gehört es, sich durch die Sanktionen als scharfer Gegner der Russen zu gerieren, nachdem ihm im vorigen Wahlkampf Hilfe durch Präsident Wladimir Putin nachgesagt wurde. Insoweit handelt es sich bei den Drohbriefen der Senatoren um Theaterdonner, der bald verhallt.
Anders sieht es aus beim Sanktionsgesetz, das der Kongress gerade auf den Weg bringt. In der Einigkeit von Republikanern und Demokraten manifestieren sich die Interessen der USA an Gasexporten ihrer Fracking-Konzerne nach Europa.
Diese Interessen hatte auch schon der (demokratische) Präsident Barack Obama vertreten - wenn auch weniger aggressiv.
Von den Sanktionen wären 120 europäische Unternehmen betroffen, darunter auch die deutschen Energiekonzerne Uniper und Wintershall mit jeweils rund 1 Mrd. Euro Finanzierung für die Pipeline.
Verwandelt sich die Verzögerung des Baufortschritts in einen Stopp, dann wäre das Resultat eine Investitionsruine von 10 Mrd. Euro Umfang. Das wird sich die Bundesregierung nicht bieten lassen können, weil es ein Dammbruch wäre - eine Einladung, auch künftig Industriepolitik zugunsten der US-Unternehmen mit Sanktionen zu betreiben.