Der Euro steigt plötzlich zum Dollar und notiert auf 2-Jahres-Hoch. Die Wirtschaft in der Euro-Zone zittiert schon. Mit einer Weichwährung war es bisher bequem. Doch jedes Prozent Anstieg nagt an Unternehmensgewinnen.
von Sven Weisenhaus
Der EUR/USD hat heute ein neues Trendhoch markiert. Und damit scheint dem Wechselkurs nun auch der Bruch der letzten, äußersten Abwärtstrendlinie gelungen zu sein (siehe grüner Kreis im folgenden Chart).
Zuvor hatte der Wechselkurs einige Tage um den Ausbruch über diese wichtige Abwärtstrendlinie gekämpft (siehe gelber Kreis im folgenden Chart).
Und dieser Kampf scheint nun zugunsten der Bullen ausgegangen zu sein. Damit stellt sich nun wieder verstärkt die Frage, ob der starke Anstieg zu einer Belastung für exportorientierte Unternehmen aus der Eurozone wird.
Der starke Euro-Anstieg wird bereits zu einer Belastung
In der Börse-Intern vom 31. Juli hatte ich diese Frage bereits aufgeworfen. Und inzwischen gab es auch von anderen Seiten mahnende Worte zu hören.
Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), sagte zum Beispiel kürzlich, der Anstieg des Euro gegenüber dem Dollar würde Produkte „Made in Germany“ im Verhältnis teurer machen, womit „es an der ein oder anderen Stelle auch schwieriger bei Verkaufsgesprächen werden“ könnte.
Und der Chef-Volkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, wurde ganz konkret. Laut seinen Berechnungen könnte die jüngste Aufwertung die Euro-Zone ab Herbst 0,2 Prozentpunkte und Deutschland durchaus 0,3 Prozentpunkte der Wachstumsrate im Vorjahresvergleich kosten.
Ebenso konkret wurde Marco Mossetti, Aktienmanager beim Vermögensverwalter Credit Suisse Asset Management. Der Gewinn je Aktie von Unternehmen der Euro-Zone dürfte bei einer 10-prozentigen Euro-Aufwertung um etwa 6 % niedriger ausfallen.
Wie ich am 31. Juli schrieb, hat der Euro zum US-Dollar seit dem 14. Mai bereits mehr als 10 % aufgewertet. Und wie das Handelsblatt am 4. August schrieb, hat der Euro seit Jahresbeginn gegenüber dem britischen Pfund um über 6 %, gegenüber dem russischen Rubel um knapp 25 % und um zum brasilianischen Real über 38 % aufgewertet. Dementsprechend schwieriger wird es, bestimmte Waren aus der Eurozone in diese Regionen zu verkaufen.
Dollar-Aktien im Plus, Euro-Aktien im Minus
Nun wären 0,2 bzw. 0,3 Prozentpunkte weniger Wachstum oder 6 % weniger Gewinn in normalen Zeiten sicherlich weniger problematisch, doch in der aktuellen Krise ist das eine zusätzliche Belastung. Und wenn der Euro nun mit dem Bruch der „letzten“ Abwärtstrendlinie weiter aufwertet, nehmen diese Belastungen natürlich auch weiter zu.
Das könnte auch ein Grund dafür sei, dass die US-Indizes bei dem am Freitag vergangener Woche angestellten Chartvergleich besser abgeschnitten haben (alle konnten positive Renditen vorweisen) als der DAX (der deutsche Leitindex lag seit dem Hoch von Anfang Juni leicht im Minus). Der starke Euro belastet also womöglich bereits Aktien aus der Eurozone, während der schwache Dollar den US-Titeln hilft.
Achten Sie also neben der Entwicklung der Renditen am Anleihemarkt (siehe Börse-Intern vom vergangenen Donnerstag) auch auf die weitere Entwicklung des Euros zu anderen Währungen.
Die Wechselkursgewinne dürften bald länger konsolidiert werden
Es gibt aber "Grund zur Hoffnung". Denn den aktuellen Anstieg des EUR/USD kann man inzwischen 5-gliedrig zählen. Und Elliott-Wellen-Kenner wissen, dass dem Wechselkurs damit bald eine längere (ABC-)Konsolidierung oder eine stärkere Korrektur bevorstehen könnte.
Trends am Devisenmarkt halten aber üblicherweise lange an. Und daher muss man letztlich mit einer Fortsetzung der eingeleiteten Trendwende rechnen. Im Falle einer Konsolidierung könnte man daher Rücksetzer zum Aufbau neuer Long-Positionen auf den EUR/USD nutzen.
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