Der Fall Wirecard ist nicht nur der größte Betrugsfall in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Er entwickelt sich auch zum Geheimdienst-Krimi. Arbeitete Jan Marsalek für den österreichischen Verfassungsschutz? Wird er von den "Diensten" geschützt?
von Manfred Rouhs
Eine Anfrage des linken Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi an das Bundesjustizministerium brachte eine mögliche Verstrickung des österreichischen „Verfassungsschutzes“ in den Wirecard-Kriminalfall zu Tage.
Denn dem deutschen Generalbundesanwalt „liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der österreichische Staatsangehörige Jan Marsalek von einem Mitarbeiter des österreichischen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) als Vertrauensperson geführt wurde“. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.
Jan Marsalek, der untergetaucht ist und der es bei seiner Flucht aus Deutschland offenbar professionell verstand, seine Spuren zu verwischen, soll nach Auskunft des Wirecard-Konkursverwalters Michael Jaffé in den Monaten vor der Insolvenz im großen Stil die Konten des Unternehmens leergeräumt und mehrstellige Millionenbeträge ins Ausland verschoben haben, wie die „Süddeutsche“ öffentlich macht.
Seine V-Mann-Tätigkeit für den österreichischen „Verfassungsschutz“ beweist zweierlei:
Erstens, wie groß das kriminelle Potential im Umfeld des österreichischen „Verfassungsschutzes“ ist. Erinnert sei in diesem Fall an das Ibiza-Video und den Fall Strache, dessen Hintergründe noch lange nicht aufgeklärt sind.
Zweitens, wie dilettantisch die bundesdeutschen Geheimdienste arbeiten. Sie hatten Marsalek und Wirecard offenbar nicht auf dem Plan und haben keinen Finger gerührt, um den Wirtschaftsstandort Deutschland vor massivem Schaden u.a. durch ausländische Geheimdienstaktivitäten zu bewahren.
Selbst noch, nachdem ausländische Zeitungen umfassende Auslassungen über betrügerische Machenschaften bei Wirecard veröffentlicht hatten, nahm kein bundesdeutscher Geheimdienst Witterung auf oder bewegte auch nur einen Finger zur Gefahrenabwehr. Sie sind offenbar zu umfassend mit der Bespitzelung politischer Oppositioneller beschäftigt, als dass sie auf echte Gefahren für Deutschland noch irgendwie reagieren könnten.
In- und ausländische Geheimdienste treiben in Deutschland offenbar was sie wollen, ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz oder gar die Interessen der Allgemeinheit. Das Nachsehen hat dabei der Steuerzahler, der die Zeche bezahlen muss.