Bis Ende Januar stammten ein Drittel der 30 am besten performenden Aktienmärkten der Welt aus Osteuropa. In Russland warf allerdings die Inhaftierung von Nawalny die Moskauer Börse zurück.
von Andreas Männicke
Seit Jahresbeginn bis Ende Januar waren schon wieder über ein Drittel der 30 am besten performenden Aktienmärkte aus Osteuropa. So stiegen die Aktienmärkte aus Bulgarien gemessen an BTX-Index um 17 Prozent, aus der Ukraine (UTX-Index) um 16,8 Prozent, aus Kasachstan (KTX-Index) um 11,6 Prozent aus Ungarn (HTX-Index) um 7,0 Prozent, aus Rumänien (ROTX-Index) um 6,8 Prozent. Ende Januar war der DAX noch knapp im Minus, jetzt aber auch nur mit 2,5 Prozent im Plus ebenso wie der Dow Jones Industrial Index mit 3 Prozent, so dass fast alle genannten osteuropäischen Aktienmärkte den DAX outperformen konnten, was nicht das erste Mal war.
Russische Aktienmarkt leidet unter der Nawalny-Verurteilung und möglichen Sanktionen
Der russische Aktienmarkt war in den erst beiden Handelswochen auch schon mit 10 Prozent im Plus., da der Brentölpreis auf über 55 USD/Barrel und jetzt sogar auf fast 60 USD/Barrel anstieg.
Durch die Verhaftung des oppositionellen Rechtsanwalts Nawalny, er nun zu 3,5 Jahre Haft verurteilt wurde, und die möglichen Sanktionen der EU und der USA, gab der RDX-Index aber temporär wieder deutlich von 1600 auf 1450 Indexpunkte nach, um nun aber wieder auf 1520 Indexpunkte und damit über 5 Prozent in Euro anzusteigen.
Nawalny wurde nun zu 3,5 Jahre Haft wegen angeblicher Nichtbeachtung behördlicher Auflagen verurteilt. Zuvor veröffentlichte er ein viel beachtetes YouTube-Video, wo ein Prunkgebäude am Schwarzen Meer Putin zugeschrieben wurde. Später outete sich aber der Judo-Partner und Freund Rosenberg als Besitzer des luxuriösen Anwesens am Schwarzen Meer.
Nordische Pipeline vor dem Ende?
Dennoch kam es zu Massendemonstrationen und 5000 Verhaftungen von Demonstranten, was nun zu weiteren Sanktionen der EU bzw. USA und führen kann auch ein Baustopp der Nordischen Pipeline ist dabei im Gespräch, was Frankreich sogar fordert. Aber die deutsche Regierung ist immer noch für die Beendigung der der Nordischen Pipeline. Ein Baustopp wäre ein Fiasko für den Betreiber Gazprom. Dies würde aber auch das ohnehin sehr angespannte deutsche-russische Verhältnis noch sehr belasten. Dennoch stieg der Kurs von Gazprom am Freitag um 1,8 Prozent auf 4,90 €.
Kommt der russische Impfstoff Sputnik V jetzt doch in Deutschland zum Einsatz?
Auf der anderen Seite werden jetzt aber Gespräche geführt, ob der russische Impfstoff Sputnik V nicht doch auch als Ergänzung in Deutschland gekauft werden soll, nachdem seine Wirksamkeit durch mannigfache Tests in Großbritannien nun auch bestätigt wurde.
Zu prüfen ist nun, ob Sputnik V und auch andere Impfstoffe gegen die neuen mutierenden Viren aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien wirksam sind. Russland kam bisher ohne zweiten Lockdown aus und konnte die Corona-Krise wirtschaftlich und finanziell bisher wesentlich besser bewältigen als viel westliche Industrieländer.
Da es in der EU und auch in Deutschland an Impfdosen fehlt, wäre zumindest der Impfstoff Sputnik V eine Möglichkeit, den Dialog mit Russland zu eröffnen. Dies wäre besser als den Gesprächsfaden abreißen zu lassen, was der russischen Außenminister Lawrow schon einmal zuvor im Rahmen der Anschuldigungen bezüglich Nawalny angedeutet. Die deutsche Regierung forderte in einem formellen schreiben die Freilassung der Demonstranten und auch die Freilassung von Nawalny.
Größere Spannungen zwischen USA und Russland unter Biden zu erwarten.
Die USA haben noch vor der feierlichen Einführung und Vereidigung des neuen US-Präsidenten Joe Biden am 19. Januar eine Sanktion gegen das russischen Spezialschiff Fortuna erlassen, um einen Baustopp zu erzwingen. Unter Joe Biden dürfte die politischen Spannungen zwischen den USA und Russland noch größer werden. Immerhin gelang es schon jetzt in einem Telefongespräch zwischen Biden und Putin einen Atomabrüstungsvertrag zu vereinbaren. Allerdings wird auch Biden versuchen, den Bau der Nordischen Pipeline zu unterbinden.
Biden kündigte aber auch eine raue Gangart mit Russland wegen der angeblichen Cyberattacken gegen US-Behörden und US-Unternehmen im letzten Jahr an. Zudem forderte auch er die Freilassung von Nawalny. Putin geht hingegen davon aus, dass Nawalny schon Kontakt zum US-Geheimdienst aufgenommen hat. Biden bezeichnet Russland als Aggressor und er wird wohl schon bald neue Sanktionen gegen Russland verhängen. Während Trump ein „Schaf im Wolfspelz“ war, scheint Biden ein Wolf im Schafspelz zu sein.
Außenpolitischer Sprengstoff könnte zur Bedrohung für die Börsen werden
Aber Trump hinterließ außenpolitisch einige Baustellen mit hohem politischem Sprengstoff wie die Konflikte mit Syrien, mit dem Iran, mit Venezuela, mit Nord-Korea, mit Libyen, mit China und last not least mit der Ukraine, wo sich die USA und Russland feindlich mit unterschiedlichen Interessenlagen gegenüberstehen,
Diese Konflikte können alle jederzeit wieder eskalieren und dann auch zu einem Gesprächsstoff an den Börsen führen. Im Fall von neuen Sanktionen der USA gegen Russland dürfte sich der Rubel wie schon im letzten Jahr weiter abschwächen. Im letzten Jahr stieg der Euro zum Rubel um über 30 Prozent auf über 91 EUR/RUB. Diese hohen Währungsverluste sind schwer wieder an der Börse auszugleichen.
Auf der anderen Seite hat der russische Aktienmarkt in diesem Jahr große Erholungschancen, wenn die Rohstoffpreise weiter anziehen und hier sind insbesondere die Öl- und Gaspreise für Russland sehr bedeutsam.
Kommt nun ein Wechsel von Growth- zu Value-Aktien?
Auch kann auch zu einem Wechsel der Anleger von Wachstums- in Value-Aktien kommen, wenn es zu einer Normalisierung der Wirtschaft und damit ein starken Konjunkturerholung in diesem Jahr kommen sollte, Auf der anderen Seite droht eine Insolvenzwelle und in Folge dessen auch eine große Bankenkrise, wenn es die Lockdowns durch den mutierenden Virus zu lange verlängert werden. Die Commerzbank meldete bereist einen Verlust von fast 3 Mrd. € für 2020. In diesem Jahr dürfte es kaum besser aussehen.
Diesen Spagat müssen nun alle Regierungen auf der Welt mache: einerseits die Corona-Pandemie und damit auch die neu mutierenden Viren wirkungsvoll bekämpfen. Anderseits die Wirtschaft in Schwung zu bringen und eine zu hohe Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Wenn dies weltweit geling, eröffnen sich auch neue Chancen an den Osteuropa-Börsen wegen der Unterbewertung und dem höheren Wachstum.
Russische Rohstoffaktien kräftig erholt
In dem Fall dürften auch russische Value Aktien und dazu zählen auch die großen Öl- und Gasgesellschaften wie Gazprom und LUKoil, aber auch andere Rohstoffwerte wie NorNickel wieder mehr in den Fokus rücken, während Goldaktien im Kurs etwas nachgaben. So stieg der Brentölpreis zuletzt um fast 50 Prozent von 40 auf 60 USD-Dollar/Barrel, aber auch Kupfer und andere Industriemetalle konnten unterstützt durch einen schwachen US-Dollar im Kurs deutlich zulegen. So stieg die „Aktie des Monats“ im Oktober 2020 im Börsenbrief EAST STOCK TRENDS (www.eaststock.de) KGHM Polska Miedz SA aus Polen bereits um 27 Prozent in 1 Monat, aber auch NorNickel und viele russische Ölgesellschaften konnten um über 20 Prozent seit dem 9. November im Kurs zulegen.
Vor allem Fluggesellschaften wie Aeroflot werden dann eine Renaissance erfahren, wenn sich der internationale Flugverkehr wieder normalisiert. Warten wir aber erst einmal ab, was uns die nächsten Wochen noch an Überraschungen bringen werden. Eine hohe Liquiditätshaltung ist unter diesen schwierigen Bedingungen wohl nicht der schlechteste Rat, denn neue Chancen wird es auch bei unterbewerteten Aktien in Osteuropa immer wieder geben.
Auch Outperformancechanen in Russland im IT- und Goldsektor
Der russische Aktienmarkt litt zwar unter dem schwachen Ölpreis und ist daher noch kräftig mit über 30 Prozent im Minus. Aber auch dort konnten Tech-Aktien wie Yandex und Mail.ru deutlich outperformen, aber auch Goldaktien. So war es richtig, dass ich schon Ende 2018 ein neues Muster-Depot nur mit russischen Gold-/Silberaktien im Börsenbrief EAST STOCK TRENDS (www.eaststock.de) aufgemacht haben und seitdem im Durchschnitt schon um 130% gestiegen ist.
Mein Favorit Petropavlovsk konnte seitdem sogar um über 400 Prozent ansteigen, aber auch Polyus Gold, der zu den Top 10 Goldproduzenten der Welt zählt stieg such über 100 Prozent und ist immer noch unterbewertet. Es lohnt sich also weiterhin ein Blick über den Tellerrand nach Osteuropa! Mein Mott bleibt daher: Go East- in der Corona-Krise liegt die Chance!
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