Die Ereignisse in Afghanistan haben kaum Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Interessant: Der Afghani (Währung Afghanistans) ist keineswegs implodiert, sondern hat nur rund 6% nach der Machtübernahme durch die Taliban verloren.
US Dollar / Afghanischer Afghani (USD/AFN) 6 Monate
Eigentlich sollte man vermuten, dass eine Währung nach der Machtübernahme von Taliban implodiert. Tatsächlich aber ist der Afghani nur um rund 6% gefallen. Das ist mehr als erstaunlich. Der Chart oben zeigt: vor der Machtübernahme mussten für einen USD ca. 81.000 Afghani gezahlt werden. Am Dienstag waren es dann etwa 85.800 Afghani. Der Verfall ist überraschend gering angesichts der brachialen politischen Ereignisse.
Börsianer interessiert nur China und FED
Zumindest für kurzfristig agierende Trader war der Wochenauftakt sehr spannend und ein Auf und Ab. So fiel der Dow Jones gestern mit Beginn des offiziellen US-Handels um 15:30 Uhr (MESZ) in einem relativ hohen Tempo – binnen nur 30 Minuten verlor der Index rund 200 Punkte – in seine Broadening-Formation zurück (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). Am Donnerstag vergangener Woche hatte ich dazu geschrieben, dass sich der vorherige Ausbruch nach oben damit als Bullenfalle entpuppen würde, was weiter fallende Kurse nach sich ziehen könnte. Es lag also zu diesem Zeitpunkt ein klar bearishes Signal vor.
Doch die Kurse erholten sich ab 16:00 Uhr sehr schnell und stiegen sogar auf ein neues Rekordhoch. Die Aufwärtsbewegung verlief dabei wie am Schnürchen gezogen. Bis zum Handelsende um 22:00 Uhr (MESZ) setzte sich die Kurserholung fort und machte letztlich rund 400 Punkte aus. Aus der vermeintlichen Bullenfalle wurde dadurch eine Bärenfalle.
Chinesische Regierung zieht erneut die Zügel an
Danach bröckelten die Notierungen etwas ab. Und in der Nacht nahm die Abwärtsbewegung wieder Tempo auf – fast 260 Punkte gingen bis kurz nach Eröffnung des Xetra-Handels wieder verloren. Als Grund dafür können neue Eingriffe der chinesischen Regierung in die Wirtschaft genannt werden.
Die staatliche Behörde für Marktregulierung veröffentlichte einen umfangreichen Verordnungsentwurf für den Internetsektor der Volksrepublik. Demnach sollen Unternehmen keine Daten oder Algorithmen verwenden dürfen, die den Datenverkehr lenken oder die Entscheidungen der Nutzer beeinflussen. Das belastete nicht nur die asiatischen Börsen, die schon seit einer ganzen Weile unter Abgabedruck leiden (siehe auch „Bearishe Signale abgewendet – Asiatische Märkte seit Februar schwach“).
Trader und Anleger warten händeringend auf eine Korrektur
Sollte sich dadurch nun das neue Rekordhoch im Dow Jones wieder zu einer Bullenfalle entwickeln? Zu dieser Frage gleich noch mehr. Jedenfalls war es in dieser noch recht frischen Woche ein ziemliches Hin und Her. Übergeordnet betrachtet verlief das Ganze in relativ engen Bahnen. Doch für kurzfristige Trader war es deshalb auch so spannend, weil angesichts sehr reifer Trends Anleger und Trader händeringend auf stärker fallende Kurse warten.
Im folgenden Chart des S&P 500 zeigt sich, dass der Aufwärtstrendkanal hier schon extrem lange eingehalten wird, obwohl er in sehr engen Bahnen verläuft.
Trader wollen daher mit Short-Positionen von einer längst überfälligen und daher wahrscheinlich größeren Korrektur profitieren. Und Anleger wünschen sich, nach Gewinnmitnahmen endlich wieder zu günstigeren Kursen einkaufen können. Doch erneut ist es nach relativ moderaten Kursverlusten gestern zu einem „buy the dip“ gekommen. Die Aktienmärkte kennen scheinbar immer noch nur eine Richtung: nach oben.
Kritische Kursentwicklung auch im DAX
Übrigens ist es auch im DAX zu einer kritischen Kursentwicklung gekommen. So fiel der deutsche Leitindex gestern ebenfalls zurück, allerdings noch ohne bedeutende Chart-Signale. Bei der anschließenden Kurserholung konnte er jedoch, im Gegensatz zum Dow Jones und S&P 500, kein neues Rekordhoch markieren. Und heute früh fiel er unter das gestrige Tagestief zurück. Dabei blieben die Kurse mit im Tief 15.811,57 Punkten nur hauchdünn oberhalb des ehemaligen Rekordhochs vom 14. Juli, welches bei 15.810,68 Zählern markiert wurde (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart).
Womöglich hat es also nur eine kleine abc-Korrektur gegeben (blaue Kleinbuchstaben), mit der das Ausbruchniveau bei rund 15.800 Punkten (rote horizontale Linie) lediglich von oben getestet wurde.
US-Einzelhandel bestätigt die Zurückhaltung der Verbraucher
Heute um 14:30 Uhr (MESZ) wurden die US-Einzelhandelsumsätze veröffentlicht. Und diese bestätigten die nachlassende Konsumlaune der Verbraucher, die sich mit dem Einbruch des Verbrauchervertrauens der Uni Michigan am vergangenen Freitag bereits abgezeichnet hatte (siehe auch „DAX: Wollten Anleger nur die 16.000er Marke noch sehen?“). So sanken die Umsätze im Juli um 1,1 % zum Vormonat. Erwartet worden war hier nur ein leichtes Minus von 0,3 %. Damit gab es also die nächste negative Konjunkturüberraschung in den USA.
Anleihemärkte zollen der drohenden Konjunkturschwäche Tribut
Am Anleihemarkt haben diese Entwicklungen bereits deutliche Spuren hinterlassen. So hat die am Markt vielbeachtete Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen kräftig nachgegeben. Die jüngste Erholung, die bis auf knapp 1,38 % lief, ist gemeinsam mit dem Verbrauchervertrauen der Uni Michigan in sich zusammengebrochen.
Am Aktienmarkt herrschte heute dagegen zunächst wieder ein anderes Verhalten. Anstatt die Risiken für die US-Wirtschaft und die Gewinne der Unternehmen zu sehen, setzten insbesondere die Anleger im Dow Jones wieder darauf, dass es die Notenbank schon richten werde. Denn der Index stieg nach Bekanntgabe der Einzelhandelsdaten zunächst kurzzeitig.
Auch am Aktienmarkt trübte sich die Stimmung letztlich ein
Anschließend gaben die Kurse aber doch nach, insbesondere auch beim Nasdaq 100, der bereits mit den Einzelhandelsdaten erneut (relative) Schwäche zeigte. Daran konnten dann auch um 15:15 Uhr (MESZ) besser als erwartet ausgefallene Produktionsdaten nichts mehr ändern. Denn der Konsum macht eben den wesentlich größeren Teil der US-Wirtschaft aus (ca. 70 %). Und es kann so viel produziert werden wie will – wenn die Verbraucher die Waren nicht kaufen, füllt dies nur die Lagerbestände, was mit Produktions- und Lagerkosten verbunden ist und den Gewinnen der Unternehmen somit nicht hilft.
Der Dow Jones lief durch die erneuten Kursverluste ein weiteres Mal die Broadening-Formation von oben an (siehe roter Kreis im folgenden Chart).
Allerdings kehrten die Kurse erneut nicht nachhaltig in die Formation zurück. Ob sich der Ausbruch aus dieser Formation nach oben sowie das neue Rekordhoch im Dow Jones doch noch zu einer Bullenfalle entwickeln, ist daher noch nicht sicher. Ich gehe inzwischen zwar fest davon aus, warte aber noch die weitere Entwicklung ab, bis ein klares Signal vorliegt.