Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird Deutschland noch lange mit der Energiekrise zu kämpfen haben. "Dieser Winter wird schwierig, aber der Winter 2023 könnte noch schlimmer werden", sagte IWF-Vize-Direktorin Gita Gopinath dem "Handelsblatt". Die Energiekrise werde nicht mehr so schnell verschwinden, die Energiepreise dürften noch für längere Zeit hoch bleiben.
Die IWF-Vizechefin lobte den Kurs von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der die expansive Fiskalpolitik beenden und die Schuldenbremse wieder einhalten will. "Ich halte den Ansatz des Finanzministers für richtig", sagte Gopinath. Die Inflation sei so hoch wie seit Jahrzehnten nicht. "Hier muss alles getan werden, um die Inflation zu senken", sagte die Ökonomin. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhe die Zinsen, aber auch die Finanzpolitik müsse ihren Beitrag leisten. "Deshalb lautet unser Rat, auf eine expansive Fiskalpolitik zu verzichten."
Nach der Einschätzung der IWF-Vizechefin ist Deutschland von der aktuellen Wachstumsschwäche besonders betroffen. Deutschland habe einen größeren Industriesektor als andere Länder. "Und diese Unternehmen hatten schon in der Corona-Pandemie mit den unterbrochenen Lieferketten zu kämpfen, jetzt kommen noch die rasant steigenden Energiekosten hinzu", sagte Gopinath. "Deutschland ist ein Industriestandort und bekommt deshalb diese Schocks derzeit besonders deutlich zu spüren." Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse deutlich beschleunigt werden. Und es brauche Energielieferungen aus anderen Ländern, die verlässlich seien. "An beidem arbeitet die Bundesregierung, und das ist auch notwendig", sagte die Ökonomin.
Foto: Gas-Verdichterstation Mallnow, über dts Nachrichtenagentur