Die Turbulenzen am französischen Anleihenmarkt könnten den Beginn einer neuen Euro-Krise markieren. Wenn sich die Lage nicht beruhigt, dürfte es zu einer Kettenreaktion kommen, die insbesondere die Südstaaten trifft. Bricht am Ende der Euro?
von Meinrad Müller
Wer in französische Staatsanleihen investiert, will sich gegen das Risiko eines Zahlungsausfalls absichern. Diese Absicherung erfolgt über sogenannte Credit Default Swaps (CDS), die im Wesentlichen wie eine Versicherung gegen Kreditausfälle funktionieren. Die Kosten für diese Versicherungen sind jedoch deutlich gestiegen. Die Finanzpolitik der französischen Regierung mit hohen Staatsausgaben, großzügigen Sozialleistungen und steigender Staatsverschuldung hat das Vertrauen der Investoren massiv erschüttert. Die aktuelle Situation in Frankreich hat dazu geführt, dass die Märkte das Risiko eines Zahlungsausfalls Frankreichs höher einschätzen.
290 Prozent höhere Prämie
Bis vor kurzem musste ein Anleger, der 1 Million Euro in französische Staatsanleihen investierte, eine jährliche Prämie von 1.000 Euro zahlen, um sich gegen einen möglichen Zahlungsausfall abzusichern. Diese Prämie ist inzwischen auf 3900 Euro gestiegen, was einem Anstieg von 290 Prozent entspricht. Der sprunghafte Anstieg in den letzten zwei Jahren deutet darauf hin, dass die Märkte das Risiko eines Zahlungsausfalls Frankreichs deutlich höher einschätzen als zuvor.
Die Prämien für diese Kreditausfallversicherungen fließen an große Finanzinstitute, meist Banken oder Versicherungen.
Auswirkungen auf Deutschland
Für Deutschland ist diese Entwicklung von großer Bedeutung. Frankreich ist nicht nur ein wichtiger Handelspartner, sondern auch ein zentraler Akteur in der Europäischen Union. Finanzielle Turbulenzen in Frankreich könnten daher die wirtschaftliche Stabilität im gesamten Euroraum zerstören. Sollten die Kosten für die Absicherung französischer Staatsanleihen weiter steigen, könnten in der Folge auch die Zinsen anderer europäischer Länder stark steigen. Dies würde die Kosten für die Aufnahme neuer Schulden erhöhen und zu einer neuen Euro-Krise führen. Doch das ist erst der Anfang.
CDS-Casino
Die Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) sind im Ernstfall nichts als reine Makulatur. Kein Versicherer der Welt kann den Zahlungsausfall eines ganzen Landes wie Frankreich im Ernstfall ausgleichen. In diesem Fall wäre der Versicherer beziehungsweise die Gegenpartei sofort pleite.
Euro zerbricht
Ein Zahlungsausfall Frankreichs würde unweigerlich auch den Euro in den Abgrund reißen. Ein Bruch des Euros würde jedoch zu einer Finanzkrise historischen Ausmaßes führen. Denn der Euro ist immerhin die zweitgrößte Währung der Welt.
Was tun?
Die Konstruktion des Euro war von Anfang an fehlerhaft und mit großen, ökonomischen Mängeln behaftet. Dass es irgendwann zu einer großen Krise kommen würde, war programmiert. Es könnte sein, dass Frankreich den Startschuss dazu gibt. Aber auch bei den anderen Euro-Ländern sieht es nicht besser aus. Während Frankreich eine Verschuldungsquote von 110 % hat (Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, BIP), liegt sie in Italien schon bei 137 % und in Griechenland bei 162 %.
Zum Vergleich: die Verschuldungsquote von Deutschland beträgt derzeit rund 64 %. Zur Euro-Einführung, also im Vertrag von Maastricht, wurde allerdings eine maximale Verschuldungsquote von 60 % vorgeschrieben.
Experten befürchten deshalb, dass der Euro bald in den Sinkflug übergeht, d.h., dass sich der Euro gegenüber anderen Währungen entwerten wird. Erste Schritte zum Schutz des eigenen Vermögens könnte die Flucht in den US-Dollar sein. Aber tatsächlich haben sich in der Vergangenheit auch Gold und Silber immer wieder als sicherer Hafen bewährt.