An Katalonien kann die gesamte EU zerbrechen. Auch in anderen Regionen schwelen Konflikte. Die Situation wird durch den Euro noch verschärft, der Ungleichgewichte zwischen Nord und Süd verschärft.
Von Sascha Opel
Der DAX hat inzwischen wieder die 12.900er Marke erreicht. Also das Niveau, auf dem wir vor wenigen Monaten Cash aufgebaut haben, um die erwartete Korrektur (die auch eintrat) schadlos zu überstehen. Sogar Deutsche Bank und Commerzbank sind wieder auf Erholungskurs.
Der erneut schwächere Euro, welcher sich an der 1,20 USD-Marke zunächst die Zähne ausgebissen zu haben scheint, sowie eine Wall Street, die sich an einer „Mauer der Angst“ beinahe täglich von einem Hoch zum nächsten emporschleicht, machen Deutsche Aktien in Relation zu historisch sehr teuren US-Aktien und Nullzinsanleihen zweifelsohne wieder sehr interessant.
Insbesondere auch deshalb, weil die EZB keinerlei Zeichen erkennen lässt, dass das Nullzinsumfeld schnell verschwinden wird. Alles, was irgendwie Rendite abwirft, bleibt daher aus Sicht von institutionellen Investoren „alternativlos“.
Neben Aktien merkt man dies am eindeutigsten am Deutschen Immobilienmarkt. Heute startet in München mit der ExpoReal die größte Immobilienmesse der Welt und wir werden an einem Tag ebenfalls anwesend sein, um - wie schon in den letzten Jahren - die Stimmung der Anleger, Investoren, Projektentwickler, Makler und Baufirmen einzufangen.
Im letzten Jahr war die Aussicht auf 2017 verhalten optimistisch. In einzelnen Städten wie München war (und ist) die Preisspirale womöglich bereits an einem Ende angelangt und es dürfte in den kommenden Jahren kaum noch zu nennenswerten Preis– und Mietsteigerungen kommen.
Ähnliches gilt wohl für Berlin und dort insbesondere für das umfangreiche Luxussegment, welches weitgehend bedient sein dürfte, während die Schaffung günstiger Wohnungen, die dringender benötigt werden würden, durch Gesetze, Regelungen und Vorschriften, welche die Kosten für Bauwillige in die Höhe treiben, erschwert wird.
Vor 10 Jahren begann die Finanzkrise
Doch vielleicht platzt das Deutsche Immobilien– und Aktienwunder ja noch. Wie?
Es braucht nur einen „schwarzen Schwan“, der das bisher als unzerstörbar geltende Szenario, nämlich den Fortbestand der EU und des Euro, doch noch gefährdet. Wo könnte dieser „Black Swan“, den man in der Regel ja erst erkennt, wenn er schon längst da ist, herkommen?
Vor ziemlich genau 10 Jahren vermuteten wir in einer damals gestarteten Serie namens „Warnsignale an den Märkten“ den kommenden Gefahrenherd am US-Immobilienmarkt, welcher der Hausse ein Ende bereiten könnte.
Auch die Überhitzungserscheinungen in Spanien, wo sich die Immobilienpreise in den 7 Jahren von 2000 bis 2007 zum Teil um über 100% verteuerten und ein Bauboom sondergleichen herrschte, hatten wir als regionalen Gefahrenherd richtig identifiziert.
Gefahr für Euro und EU
Die konkrete Gefahr für Europa lauert darin, dass diese „Doppelstütze“ (Euro-“Rettung“ und EU-Integration) für die Deutsche Wirtschaft auseinander brechen könnte.
Dann dürften die Aktien– und (mit Verzögerung) auch die Immobilienpreise reagieren.
Das Ende des Euro würde Deutschland wohl mit Abstand am härtesten treffen. Zu Zeiten der D-Mark musste der Aufwertungsdruck durch Innovationen und Kosteneinsparungen ausgeglichen werden. Dadurch ist man aktuell in der „Komfortzone“ angelangt und den anderen Ländern, auch durch die moderate Lohnpolitik der letzten Jahre, zum Teil enteilt.
Kein Wunder: Ist ein Land erst einmal Deindustrialisiert (oder hat keine hohe Spezialisierung und Industrialisierung wie Deutschland), wird es schwer, diese Arbeitsplätze ohne massive Abwertung der Währung, wieder zurückzuholen.
Deshalb waren wir seit der Finanzkrise extrem skeptisch, dass der Euro in dieser Konstellation überleben würde. Allerdings haben wir uns durch das Handeln und die Entschlossenheit der EU und insbesondere von Draghi überzeugen lassen, dass es als Investor nichts bringt, gegen diese Mächte zu spekulieren. Die Feuerkraft der EZB (Gelddrucken) ist quasi unbegrenzt und in Kombination mit künstlichen Null– und Negativzinsen wurde der Karren zumindest aus dem dicksten Dreck gezogen.
Zerbricht die EU?
Warum also über die „regionale Angelegenheit“ in Spanien den Kopf zerbrechen? Spielen wir ein mögliches Szenarium durch, wie es nach dem brutalen Eingreifen der spanischen Zentralregierung nun weitergeht:
Die EU könnte zwischen den Fronten aufgerieben werden. Greift Spanien in Katalonien brutal durch, werden viele in Europa sagen (insbesondere viele andere Völker, wie die Basken, Südtiroler, Iren, Wallonen etc.), welche ebenfalls in einem schwelenden Unabhängigkeitskonflikt stehen), dass so ein brutales Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung nicht zulässig ist. Insbesondere werden die ersten Parteien außerhalb Spaniens den Katalonen beispringen und argumentieren, dass sich der wahre Charakter der ohnehin eher unbeliebten Brüsseler Zentrale nun zeigt.
Man unternehme nichts gegen die 100.000 Polizeibekannten Dschihadisten in ganz Europa, brandmarke aber die Katalanen zu „Terroristen“, hallte es bereits nach den Ereignisse in Barcelona durch Twitter und Co.. Man unternehme in Brüssel zudem wenig bis nichts, um EU-eigene Minderheiten zu schützen, lässt jedoch Millionen „Armutsmigranten“ übers Mittelmeer in die Sozialsysteme einreisen und will dann noch die Mitgliedsstaaten zwingen, diese per Umverteilung aufzunehmen.
Hier braut sich, je nach Fortgang der Ereignisse, einiges an Sprengpotenzial zusammen.
Dieses „Black-Swan-Bürgerkriegszenario“ mit weitreichenden Folgen für die EU, ist jedoch abwendbar und somit in der Wahrscheinlichkeit noch zu gering angesiedelt. Noch besteht die gute Hoffnung, dass beispielsweise die seit Ende der Franco-Diktatur 1978 eingeführte Verfassung Spaniens reformiert wird. Eine Justierung der Zuständigkeiten und Organe könnte den vielen Katalanen, die sich erst im letzten Jahr den Separatisten angeschlossen haben, eine Alternative geben und diesen den massiven Rückhalt entziehen.
Kurzum: Noch besteht nur eine geringe Gefahr für die Märkte durch diesen Konflikt und man sollte seine Aktienpositionen nicht deshalb verkaufen. Aber man muss den weiteren Verlauf jetzt im Auge behalten! Oftmals überschlagen sich die Ereignisse und dann sollte man vorbereitet sein.