Das neue Allzeithoch im DAX ist nicht der Beginn eines neuen Aufwärtstrends. Stattdessen könnte es sich um die letzte Aufwärtswelle im Trend handeln.
Von Sven Weisenhaus
Neben den sehr guten Konjunkturdaten aus der Eurozone, über die ich gestern berichtet habe, gab es auch sehr gute Zahlen aus den USA. So stieg zum Beispiel der ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich der USA im September auf 59,8 Punkte, nach 55,3 Zählern im Vormonat. Damit erreichte er ein 12-Jahres-Hoch (!). Zuletzt notierte der Frühindikator im August 2005 auf einem derart hohen Niveau.
(Quelle: Tradingeconomics.com)
Und auch die US-Einkaufsmanagerindizes vom IHS Markit Institut legten im September weiter zu. Sie liegen allesamt in dem Bereich (über 50 Punkten), ab dem zukünftiges Wirtschaftswachstum signalisiert wird. Es geht der Wirtschaft also offenbar immer besser, sowohl in der Eurozone als auch in den USA. Kann es eine schönere Börsenwelt für steigende Kurse geben?
Wann sollte man optimistisch werden, wenn nicht jetzt?
Ein Leser schrieb uns jedenfalls, dass es durchaus zu erwarten war, dass sich unter den Teilnehmern des Stockstreet-Trader-Sentiments in der aktuellen Umfrage Optimismus breit machte. „Wann, wenn nicht jetzt sollte man optimistisch werden?“, fragte der Leser und zählte auf:
- der „schlechte“ September ist rum
- die Lage in Nordkorea scheint sich zu entspannen
- der DAX hat wesentliche charttechnische Marken mit Bravour genommen.
Das ist natürlich alles korrekt. Doch es gibt eben dieses alte Prinzip: Kaufe, wenn die Welt unterzugehen scheint und verkaufe, wenn die Welt rosig aussieht. Es ist also gerade diese fast schon euphorische Stimmung, bei der keine Risiken mehr gesehen werden, die einem zu denken geben sollte!
Neues Allzeithoch im DAX ist der Anfang vom Ende!
Ich hatte für das Jahr 2017 eine zwischenzeitliche scharfe Korrektur erwartet. Diese hat es im DAX gegeben. Doch mir fehlt nach wie vor noch ein schärferer Rücksetzer in den relativ teuren US-Indizes. Und ich bin mir sicher, dass dieser kommt. Das Problem mit dem oben genannten Prinzip ist, dass gerade Übertreibungsphasen länger dauern können, als man denkt. Die Hausse nährt dann die Hausse - und eben das führt zu „Übertreibungen“.
Wenn der Einbruch der US-Indizes in einer solchen Phase aber kommt, ist er meist umso heftiger. Und dieser dürfte auch den DAX noch einmal mit sich reißen. Und dann ist es keineswegs so, dass der aktuelle Anstieg auf ein neues Allzeithoch einen neuen Aufwärtstrend im DAX eingeleitet hat, sondern dieser Anstieg könnte stattdessen den laufenden Aufwärtstrend komplettieren und damit vorerst beenden.
Dazu erinnere ich an meine Elliott-Wellen-Analyse vom Jahresbeginn (siehe Börse-Intern vom 10. Januar). Diese hat nach wie vor Gültigkeit. Denn der DAX hält sich zwar nicht perfekt an den erwarteten (aus der Saisonalität abgeleiteten) Kursverlauf (siehe schwarze Pfeile im folgenden Chart) aber er ist nahe dran. Und dass der DAX ein neues Allzeithoch erreicht, hatte ich im Rahmen der Welle 5 (blaue Ziffern im Chart) erwartet.
Wie Sie aber inzwischen aus meinen vorangegangenen Elliott-Wellen-Analysen wissen, ist am Ende einer Welle 5 der jeweilige Aufwärtszyklus komplett und es folgt eine (ABC-)Korrektur.
Erst eine kleinere, dann eine große ABC-Korrektur
Allerdings könnte vor der großen (ABC-)Korrektur, die den DAX sogar in den vierstelligen Bereich zurückdrängen könnte, noch eine kleinere - gefolgt von einem neuen Allzeithoch - kommen. Denn wenn man sich das Wellenmuster der (blauen) Welle 5 im DAX im Detail anschaut, ergibt sich folgendes Bild (siehe schwarze Ziffern).
Elliott-Wellen haben eine fraktale Struktur (siehe folgende Grafik). Das heißt, dass sich das 5-gliedrige Muster der übergeordneten Wellen auch in den untergeordneten Wellen wiederfindet:
So bestehen also die Aufwärtswellen 1, 3 und 5 jeweils auch wieder aus 5 untergeordneten Wellen. Und im DAX-Chart oben sind diese untergeordneten Wellen mit den schwarzen Ziffern gekennzeichnet. Demnach befinden wir uns also gerade in der (schwarzen) Welle 3 der übergeordneten (blauen) Welle 5.
Kommt es nun zu einer Korrektur, dürfte sich damit die (schwarze) Abwärtswelle 4 ausbilden, auf die noch eine (schwarze) Aufwärtswelle 5 folgt. Und mit dem Ende dieser (schwarzen) Aufwärtswelle 5 ist auch die übergeordnete (blaue) Welle 5 komplettiert.
Die Welle 5 der Welle 3 der Welle 5
Man kann diese fraktale Struktur übrigens auch in der untergeordneten (schwarzen) Welle 3 erkennen. An den gelben Ziffern im folgenden Chart sieht man sehr schön, dass sich auch die aktuell laufende Welle 3 (schwarz) in 5 untergeordnete Wellen (gelb) unterteilen lässt.
Mit dem aktuellen Anstieg des DAX auf ein neues Allzeithoch wird also demnach kein neuer Aufwärtstrend eingeleitet, sondern lediglich die gelbe Welle 5 bzw. die schwarze Welle 3 fortgesetzt. Und nach den Elliott-Wellen-Regeln folgt dann bald eine größere ABC-Korrektur. „Größer“ meint in dem Fall, dass wir wohl noch einmal unter das Tief der Sommerkorrektur zurückfallen werden (roter Pfeil). Danach geht es aber noch einmal aufwärts (grüner Pfeil) im Rahmen der schwarzen und blauen Welle 5. Und erst dann muss man sich richtig warm anziehen - denn dann kommt die große ABC-Korrektur.
Elliott-Wellen passen perfekt zur fundamentalen Entwicklung
Diese charttechnische Prognose nach der Elliott-Wellen-Theorie passt übrigens ganz hervorragend zur Entwicklung der Konjunktur und Geldpolitik, also zu den fundamentalen Rahmenbedingungen. Wie genau, verrate ich Ihnen morgen. Bleiben Sie gespannt!