Dass Finanzämter realtime auf privaten Konten rumschnüffeln können, ist nicht neu. Doch Brüssel gestattet jetzt auch Unternehmen den Einblick auf private Bankkonten.
Der neueste EU-Hammer: PSD2
Von Michael Mross
Schöne neue Schnüffelwelt: Heimlich, still und leise hat die EU ein Gesetz erlassen, mit dessen Hilfe Unternehmen Zugriff auf Privatkonten haben.
Unglaublich aber Orwell-Realität: Bereits seit dem 13. Januar ist es Firmen möglich, direkten Zugang zu den Bankdaten ihrer Kunden zu erhalten. Damit könnte u.a. Amazon alle Kontodaten der letzten 90 Tage abrufen - und so auch erfahren, ob man seine Miete zahlt, von wem man ein Gehalt bekommt, oder wie viele Schulden man hat.
Die neue Totalkontrolle kommt als EU-"Reform des Zahlungsverkehrs in Europa" daher und versteckt sich hinter dem Kürzel PSD2 ("Payment Services Directive 2").
Das klingt erst mal harmlos und sogar positiv. Aber da die neue Regelung in Brüsseler Geheimzirkeln ersonnen wurde ist natürlich das Gegenteil der Fall. Schon der Begriff "Direktive" sollte stutzig machen. Eine "Direktive" hat eher was mit Diktatur zu tun.
Niemand weiß so genau, wie diese Direktive plötzlich in die Welt gekommen ist. In der EU-Quasselbude in Straßburg ist sie jedenfalls nicht besprochen worden. Macht ja nichts, denn wir haben ja noch eine Kommission, die über Wohl und Weh der 500 Mio. Untertanen bestimmt.
Wie bei jedem unsinnigen Gesetz oder "Direktive" bemüht sich die Brüsseler Propaganda-Abteilung, ein positives Narrativ unters Volk zu bringen.
Die EU will mit PSD2 angeblich "größere Transparenz" schaffen - zum Wohle des Verbrauchers. Aber Transparenz für wen? Wieviel Milliarden das Brüsseler Politbüro für das Schnüffelgesetz von Lobbyisten als Schmiergelder erhalten hat, ist unbekannt.
Die Neuregelung betrifft alle Daten, die Banken über ihre Kunden haben, und die bisher unter Verschluss waren - aus gutem Grund. Diese Bankdaten sind jedoch nun auch für andere Unternehmen einsehbar. Die EU will damit angeblich "Innovationen und Wettbewerb" unter den Finanzdienstleistern fördern. Dafür soll die Privatsphäre der Untertanen den Großkonzernen geopfert werden.
Die Richtlinie schreibt vor, dass die Banken ihre Infrastruktur für Finanztechnologieunternehmen (Fintechs), und andere Dienstleister öffnen müssen. Künftig kann dann ein frisch gegründetes Fintech oder ein Onlinekonzern wie Amazon auf Kontodaten zugreifen – allerdings muss der Kunde das gestatten.
Diese "Freiwilligkeit" ist dabei natürlich reine Makulatur, da sie in der Realität kaum funktionieren dürfte. Große Konzerne wie Amazon & Co. brauchen lediglich ihre Geschäftsbedingungen ändern, die man durch einen Klick bestätigen muss. Wer liest schon seitenlanges, kleingedrucktes Juristenkauderwelsch? - Und schon sitzt man in der Überwachungsfalle und kommt nicht mehr raus.
Ein Verbraucher kann nicht steuern, welche Daten die Konzerne einsehen. Derzeit geht nur die Regel: alles oder nichts freigeben.
Deshalb sollten Verbraucher sehr vorsichtig sein, wenn es um neue oder überarbeitete Geschäftsbedingungen bei Internetfirmen geht, erklärt Finanzprofessor Schiereck von der TU Darmstadt. Gerade jetzt sollten die AGBs tatsächlich gelesen werden.