Bitcoin scheint in einer Krise zu sein. Doch tatsächlich war die digitale Währung niemals so stark und notwendig wie heute. Es geht um nichts Geringeres als die Rückeroberung der Kontrolle über das Geld.
Bitcoin 1 Jahr
von Christoph Bergmann
Der Preis von Bitcoin hat im Dezember 2017 mehr als 14.000 Euro erreicht und steht heute bei etwa 5500 Euro. Noch größere Verluste verzeichnen andere Kryptowährungen wie Ethereum, IOTA oder Bitcoin Cash aus, deren Kurs teilweise um mehr als 80 Prozent eingebrochen ist.
Kryptowährungen scheinen ein miserables Mittel der Wertaufbewahrung zu sein, eine immerwährende Spekulationsblase, die immer wieder platzen muss. Die Massenmedien haben dabei eine wenig rühmliche Rolle gespielt: Sie haben all die Jahre, in denen Bitcoins günstig waren, vor ihnen gewarnt, um sie dann, als sie so richtig teuer waren, anzupreisen.
Im November 2017 haben mich mehrere Verwandte und Bekannte um Rat gefragt, weil sie nach einem Bericht im Fernsehen die unbändige Lust verspürten, Bitcoins zu kaufen. Ich sagte ihnen, dass dies der schlechteste Moment seit 2009 sei – die Bitcoin-Kurse erreichten täglich neue Rekorde – und dass der Markt vermutlich überhitzt sei. Besser, man schaue sich die Lage in ein paar Monaten nochmal an.
Nun sind einige Monate vergangen. Die Preise von Kryptowährungen sind immer weiter gefallen; Manchmal scheint sich ein Boden zu bilden, doch richtig fest wirkt er noch nicht. Heute wäre der beste Zeitpunkt seit fast einem Jahr, um in Bitcoin einzusteigen – so günstig waren die Preise schon lange nicht mehr – doch das Interesse ist auf einem Tiefpunkt. Die Medien berichten nicht, meine Verwandten und Bekannten fragen nicht.
Dabei war Bitcoin noch niemals wichtiger, nützlicher und stärker als heute.
Währungskrise und Big Brother
Die Währungskrise der türkischen Lira zeigt, wie schwach das Fundament der staatlichen Fiatwährungen ist. Die Türkei folgt einem Schema, das man von Venezuala, Nigeria und Simbabwe zur Genüge kennt: Die Währung fällt, die Regierung versucht, sie durch Zwangsmaßnahmen wie Preiskontrollen zu stützen – aber macht damit alles nur noch schlimmer. Die Krise wird zum Teufelskreis. Dass dieses Schema nun vor den Toren der EU auftritt, ist hingegen neu.
Gleichzeitig wird die Kontrolle des Geldes immer enger. Bargeld wird fortlaufend bekämpft und verdrängt. Seit 2018 ist es für Händler günstiger, EC-Zahlungen anzunehmen als Bargeld, weil die Banken die Gebühren erhöht haben.
Der Kurs steht dabei auf der ganzen Welt fest: Der Zahlungsverkehr der Menschen soll auf elektronische Kanäle gezwungen werden, durch die Konzerne an Gebühren verdienen und Staaten die monetäre Aktivität ihrer Bürger überwachen und kontrollieren können. Big Brother beobachtet deinen Geldbeutel.
Ein hartes, digitales Bargeld wie Bitcoin ist die Lösung für diese beunruhigen Prozesse. Seine mengenmäßige Begrenzung schützt davor, dass der Wert des Geldes zum Spielball der Politik wird.
Zwar ist Bitcoin nicht so anonym wie Bargeld, aber durch die Pseudonymität und autonome Verfügbarkeit ein himmelschreiender Fortschritt zu den elektronischen Zahlungsmitteln, die den Bürgern derzeit aufgezwungen werden.
Aber Bitcoin wurde nicht nur wichtiger – sondern auch stärker. Im Dezember und Januar litt die Kryptowährung an einem gravierenden Kapazitätsengpass, der die Gebühren je Transaktion zeitweise auf zehn Euro und mehr anstiegen ließ. Eine ernsthafte Konkurrenz zu Kreditkarten war unter diesen Umständen nicht vorstellbar.
Heute hingegen hat Bitcoin dank eines technischen Upgrades seine Kapazität beinah verdoppelt, während sogenannte offchain-Lösungen wie das Lightning-Netzwerk und Sidechains zeigen, dass eine unbegrenzte Kapazität kein Hirngespinst, sondern in greifbarer Nähe ist.
Bitcoin steht kurz davor, nicht nur eine Konkurrenz zu den von der Politik abhängigen Fiat-Währungen zu sein – sondern auch zu gebräuchlichen elektronischen Zahlungsverfahren wie Kreditkarten. Die Chance, die Kontrolle über das Geld zurückzugewinnen, war noch nie so groß wie heute. Man muss sie nur nutzen.
Christoph Bergmann schreibt seit mehr als 5 Jahren das Bitcoinblog.de. Vor kurzem hat er das Buch 'Bitcoin: Die verrückte Geschichte vom Aufstieg eines neuen Geldes' veröffentlicht. Darin erklärt er, warum Bitcoin die spannendste Erscheinung der Gegenwart ist. Sein politisch, technischer und wirtschaftlicher Rundumblick geht tief, bleibt verständlich - und ist in jedem Moment fesselnd und spannend.