Wenn die Zinsen in den USA weiter steigen, muß dies nicht notwendigerweise einen stärkeren Dollar zur Folge haben. Es kann auch das Gegenteil bedeuten - weil die Wirtschaft unter der Schuldenlast kollabiert.
von Rolf Ehlhardt
Seit der Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten, ist Amerika wieder „first“. Die Wirtschaft wächst mit über 4%, die Unternehmensgewinne um 20%. Die Arbeitslosenquote sinkt. Der S&P stieg von ca. 2.100 auf heute 2.682, nachdem im September das bisherige Hoch bei 2.940 erreicht wurde.
Die FED hat die Zinsen in unregelmäßigen Abständen erhöht. Die Zinsen für die 10-jährigen Treasuries haben sich von 1,40% auf 3,14% mehr als verdoppelt. Ein Zeichen der Stärke. Alles im grünen Bereich. Nur die Währung zeigt Schwächen.
Trotz Brexit, Griechenland oder Italien ist der Euro vom Tief im 4. Quartal 2016 bei 1,04 bis heute um etwa 10% gestiegen. Dies, obwohl sich die Zinsdifferenz zum Dollar kräftig ausgeweitet hat. Diese Entwicklung ist eigentlich unlogisch. Wer sich jetzt intensiv mit der amerikanischen Währung beschäftigt, findet plötzlich auch Begründungen, nach denen die Zweifel berechtigt sind.
Die Niedrigstzinsen bis 2017 haben zu einem regelrechten Konsumrausch geführt. Die Kreditkarten-, Auto- und Immobilienfinanzierungen erreichten Rekordhochs. Ebenso die Studentenkredite.
Neben dem Effekt der Vorkonsumierung (die Nachfrage fehlt in den kommenden Jahren), und damit der Gefahr für das Wachstum der Wirtschaft, verschärfen die gestiegenen Zinsen die Risiken für die ordnungsgemäße Rückzahlung bzw. der Bedienung der Zinskosten für die Konsumer.
Auch Trump hat den Aufschwung mit einem Rekorddefizit finanziert. Behält die Regierung dieses Neuverschuldungstempo bei, hat die USA in den nächsten Jahren ein Kreditproblem. Langfristig kann nun mal der politische Wille die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten nicht unterdrücken.
Wie jeder Analyst weiß, ist Amerika´s Wirtschaft sehr zinssensibel. Auch, weil das Wachstum mit über 70% vom Konsumverhalten abhängt. Ein höherer Kreditzins bedeutet aber für den schon hoch verschuldeten Ami, dass er einen noch größeren Teil seines Gehaltsschecks für Zinszahlungen verwenden muss.
Dies hat zwei Auswirkungen: Er kann weniger konsumieren und er ist weniger Kreditwürdig. Für die Unternehmen bedeutet das veränderte Konsumverhalten, dass sie ihre Gewinne nicht mehr über die Masse erzielen können, sondern sie müssen die Margen erhöhen. Paradoxe Folge: Die Preise für die Produkte steigen, obwohl das Wachstum rückläufig ist.
Folge: Die Inflation steigt (aktuell 2,9%)weiter. Die FED könnte gezwungen sein, in einer Schwächephase der Wirtschaft die Zinsen zu erhöhen. Aber weniger stark, wie die Inflation anzieht. Und dann steigen die Zinsen erst recht. 1980 waren die Zinsen aus Angst vor weiter steigender Inflation zweistellig. Allerdings hatte die USA damals auch nur 1,3 Billionen Schulden. Bei heute über 21 Billionen rechnet sich das anders.
Geht die Trump´sche Verschuldungsorgie weiter (über 1 Bill. pro Jahr) resultiert daraus in 3 Jahren ein Schuldenberg von etwa 25 Billionen. Erhöhen sich die durchschnittlichen Kreditzinsen nur auf 4%p.a., dann verdoppeln sich die Zinskosten im Haushalt von derzeit ca. 500 Mrd. um weitere 500 Mrd. Der Staat würde sich also nicht um 1 Bill. neu verschulden, sondern um 1,5 Bill. Mir sagte mal ein Chef der Kreditabteilung einer Bank: Den Schuldner bringen nicht die Zinsen um, sondern die Zinseszinsen.
In diesem Szenario liegt die Vermutung nahe, dass jetzt die FED mit einem QE 4 reagiert. Trotzdem könnten die Zinsen weiter steigen. Spätestens dann führen die erfolglosen Versuche der FED die Zinsen in den Griff zu bekommen, zu einem Vertrauensverlust in die amerikanische Währung. Der fallende Dollarkurs erhöht über die Importe die Inflation und damit die Angst, sie wird noch weiter steigen.
Die Zinsen steigen weiter und belasten die Wirtschaft noch mehr. Die Kreditausfallquoten erhöhen sich drastisch. Der Dollar wird noch billiger. Aber wer will eine Reservewährung, die fällt? Es liegen 2/3 der Weltreserven in Dollar! Die Dollarverkäufe verstärken sich noch (Russland, China, Japan, Indonesien, Iran, Katar, Türkei, Venezuela sind heute schon auf der Verkauferseite).
Aber wer rechnet derzeit mit einem EUR/USD-Kurs von 1,60 oder gar 2,00? Ein solcher „black swan“ würde die Welt in die nächste Finanzkrise stürzen. Schon heute glauben etliche Volkswirte, dass diese gar nicht mehr zu verhindern ist.
Noch hoffen die Anleger, dass die Politik den Finanzgau verhindern kann. Allein, mir fehlt der Glaube. Ihr bisheriges Verhalten lässt nicht darauf schließen. Italien ist ein aktuelles Beispiel. Deshalb ist mir die Versicherung des Vermögens durch Anlagen in Edelmetallen (10%-20%) so wichtig.