Eine „Lufthanseatin mit Leib und Seele“ machte ihrem Ärger in einem internen Forum auf Facebook Luft. Der Vorgang zeigt: um die Zinsen fürs Kapital zu bedienen, werden am Ende die Arbeiter immer mehr ausgepresst. Deshalb dürfte sich dieser Stress in Zukunft auch auf andere Bereiche ausdehnen.
Vordergründig geht es um fünf Prozent mehr Gehalt und den Verzicht auf Leiharbeit im Kabinen-Service. Doch der Konflikt geht viel tiefer: Ufo streitet nur für rund 19.000 der insgesamt gut 117.000 Angestellten des Konzerns. Aber auch die anderen fiebern mit. So macht eine Mitarbeiterin des Boden-Service in Frankfurt am Main, „Lufthanseatin mit Leib und Seele“, ihrem Ärger in einem internen Forum auf Facebook Luft. Eine Flugbegleiterin spielte dem Tagesspiegel den Beitrag zu – weil er die Zustimmung mehrerer hundert Kollegen gefunden habe.
„Es geht zwar nicht um meinen Tarifvertrag und wir Stationsmitarbeiter werden wie immer diejenigen sein, die das Dilemma an vorderster Front ausbaden, aber hier muss ganz klar Solidarität gezeigt werden. Das Tarifangebot der Lufthansa an das Kabinenpersonal ist in seiner Gesamtheit die reinste Frechheit und INAKZEPTABEL. Äußerst bedauerlich, dass der Vorstand den Konflikt derart eskalieren ließ und sogar einen Streik, (welcher auf dem Rücken der Passagiere und Stationskollegen ausgetragen wird), billigend in Kauf nimmt. (…)
Ich bin „Lufthanseatin“ mit „Leib und Seele“. Als Kleinkind sammelte ich Papierschnipsel mit dem Lufthansa-Logo und seit der Grundschule gab es für mich keinen anderen Berufswunsch als eine Stelle bei der Kranich-Airline. Aber wie sich dieser Laden in den letzten 2-3 Jahren entwickelt hat, ist UNTER ALLER SAU. So eine Lufthansa will ich nicht. (...)
Das operative Personal trägt keine Schuld an der Misere, (für welche es aber nun den Kopf hinhalten soll). Diese entstand durch massive Fehlinvestitionen in Milliardenhöhe, verbunden mit der allgemein bekannten Problematik der staatlich subventionierten Golf-Carrier und Billigairlines. Die kotzhafte, aber leider weit verbreitete „Geiz ist geil“-Mentalität vieler Konsumenten trägt ihren Teil zum Problem bei. Aber die Strategie des aggressiven „Wachstum um jeden Preis“ funktioniert doch wohl offensichtlich nicht. Umsatz ist nicht gleich Gewinn und Kosten sind nicht unbegrenzt zu senken. Damit schiebt man das Problem lediglich um ein paar Jahre in die Zukunft, um dann wieder zum gleichen Punkt zu kommen. Kapiert das keiner? Alle Airlines wachsen munter, während der Yield (Durchschnittserlös, Anm.) immer weiter fällt. Wir füllen die Flieger mit Billigtickets und es bleibt nichts dabei hängen. Im Gegenteil. Je mehr wir wachsen, desto mehr verschärft sich das Dilemma, während die Öffentlichkeit über unsere Firma spottet.
Ich erwarte, dass die Kollegen des Vorstands ab sofort mehr Kreativität an den Tag legen. (...) Es reicht nicht, mit der Brechstange auf die Kosten zu dreschen (und das Produkt/die Zustände dadurch immer weiter zu verschlechtern). Es muss ein anderes Konzept her. Weg mit den Billigheimern. Die sollen bitte mit Easyjet oder Ryanair fliegen. Weg mit den Billigtickets. (...) Schaffen wir endlich wieder ein gutes Produkt! Das darf dann auch seinen Preis haben. (...) Der Vorstand hat in den letzten Jahren in mehreren Fällen seine unternehmerische Unfähigkeit bewiesen. Der Dreistigkeit wurde die Krone aufgesetzt, indem die Vorstandskollegen ihre eigenen Bezüge erhöhten, während die Mitarbeiter der untersten Lohnstufen jahrelang Nullrunden fuhren. Als Dank dafür bekamen sie Leiharbeiter vor die Nase gesetzt und müssen nun um ihre Jobs bangen. (...) Ich bin grundsätzlich kein Streikfanatiker. Ich komme aus einer ehemaligen Unternehmerfamilie und habe selber BWL studiert. Und ich habe sicherlich den Durchblick, was hier gerade abläuft. Und diese Entwicklung kann ich einfach nicht mehr gutheißen. Unter gar keinen Umständen. Der Bogen wurde bis zum Zerreißen überspannt. Das Maß ist voll.“
Die Reaktion der Lufthansa hier: www.tagesspiegel.de