Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, hat scharfe Kritik an den Plänen der SPD geübt, den Wirtschaftsraum Europa mit europaweiten Mindestlöhnen zum sozialen Europa weiterzuentwickeln.
"Soziale Marktwirtschaft heißt Wettbewerb, darauf hat die Europäische Integration über Marktöffnung und Beihilfenverbot seit Anbeginn gesetzt, um dadurch wettbewerbsfähige Arbeitsplätze zu ermöglichen. Die SPD ist – wieder einmal – sozialpolitisch auf dem Holzweg", sagte Hüther dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe).
"Man gewinnt den Eindruck, dass die SPD vollends von der Realität in Europa entkoppelt ihre sozialpolitische Engführung auslebt." Mit Blick auf die die Forderung der Europa-Spitzenkandidatin der SPD, Katarina Barley, nach europaweiten Mindestlöhnen erinnerte der IW-Chef daran, dass sich die Frage, was auf europäischer Ebene geregelt und gestaltet werden müsse, an den Grundprinzipien des EU-Staatenverbundes zu orientieren habe. Nach dem sogenannten "Subsidiaritätsprinzip" der EU gehöre die Arbeitsmarktregulierung auf die nationale Ebene.
Die grenzüberschreitenden Infrastrukturnetze, der digitale Binnenmarkt, die Grenzsicherung und die äußere Sicherheit (Verteidigungsunion) gehörten hingegen auf die EU-Ebene. "Hier gibt es viel zu tun: Da können sich die Sozialdemokraten profilieren", so Hüther. Der IW-Chef mahnte die SPD überdies zur Kenntnis zu nehmen, dass die in gemeinsamer Regierungsverantwortung mit der Union etablierte Politik zum Management der Euro-Staatsschuldenkrise auch arbeitsmarktpolitisch erfolgreich sei.
"Die Krisenländer sind heute in deutlich besserer Verfassung, dadurch hat sich auch dort die soziale Frage entschärft", sagte Hüther. Europaweit einheitliche Mindestlöhne würden hingegen konkret in den Ländern mit geringerem Pro-Kopf-Einkommen und geringerer Produktivität "Arbeitsplätze vernichten", warnte er. "Sarkastisch könnte man es als protektionistische Strategie für die deutschen Arbeitnehmer deuten", so Hüther.
Foto: Michael Hüther, über dts Nachrichtenagentur