Niemand weiß, wann die Fallzahlen wieder runtergehen. Es ist deshalb sehr realistisch, dass die Einschränkung der Freihheitsrechte in den nächsten Monaten fortbestehen. Vielleicht sogar das gesamte nächste Jahr.
Der FDP-Generalsekretär Volker Wissing geht davon aus, dass der ab Mittwoch geltende Lockdown über den 10. Januar hinaus verlängert wird.
"Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass wir den Lockdown am 10. Januar beenden werden", sagte Wissing der "Bild". Das Infektionsgeschehen sei sehr hoch. Man werde erst in zwei Wochen erkennen, ob der Lockdown das Infektionsgeschehen verändere. Wissing forderte die Bundesregierung zugleich auf, eine längerfristige Strategie im Kampf gegen Corona vorzulegen.
Epidemiologen für Verlängerung
Markus Scholz, Epidemiologe an der Universität Leipzig, hält eine Verlängerung des nun beschlossenen Lockdowns bis mindestens Ende Januar für notwendig.
"Ich rechne damit, dass die Maßnahmen selbst bei gutem Verlauf mindestens bis Ende Januar aufrechterhalten werden müssen, um eine Wirkung zu haben", sagte Scholz zum Nachrichtenportal Watson. Die Verschärfungen der Regeln hält Scholz für längst überfällig.
"Die Maßnahmen entsprechen ungefähr dem, was wir im Frühjahr hatten, eher etwas leichter. Was im Frühjahr gereicht hat, muss aber im Winter nicht genügen", mahnte er. "Ich rechne bestenfalls mit einer langsamen Zurückdrängung der Pandemie." Die Wahrscheinlichkeit für eine Normalisierung der Lage ab dem 10. Januar hält der Epidemiologe für gleich null. "
Führende Ökonomen des Landes haben scharfe Kritik an den jüngsten Beschlüssen im Kampf gegen die Corona-Pandemie geübt. Ihnen fehlt eine Idee der Politik, die über die kurzfristige Schließung von Geschäften und Schulen hinausgeht, berichtet die "Welt" (Montagsausgabe).
"Die Beschlüsse sollen die Überforderung des Gesundheitssystems verhindern. Kurzfristig mag dies wirken, für eine nachhaltige Eindämmung der Neuinfektionszahlen sind angesichts der Erfahrungen anderer Länder eher Zweifel angebracht", sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der Zeitung.
Söder: Ausgangssperre in Bayern ab 21 Uhr
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU): "Im Moment ist es ja so, dass Deutschland fast auf dem Weg ist, das Sorgenkind Europas zu werden, weil es woanders durch konsequentere Lockdowns wieder runtergeht." Lange konnten sich die 16 Bundesländer nicht auf einheitliche Regeln einigen.
Söder zeigte sich erleichtert darüber, dass es jetzt gelungen ist: Die Coronakrise sei "eine nationale Herausforderung", die man jetzt endlich gemeinschaftlich angehe: "Und deswegen bin ich zwar sehr besorgt wegen Corona, aber ein bisschen erleichtert, weil jetzt alle mitziehen."
Söder verteidigte die nächtlichen Ausgangssperren in Bayern: "Am Ende müssen wir die Vernünftigen vor den Unvernünftigen schützen. Wir werden es über konsequente Bußgelder machen. Es wird auch konsequente Kontrollen geben."
In Bayern soll es eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 Uhr und fünf Uhr morgens geben. "Da darf man nur noch aus einem extrem triftigen Grund raus, zum Beispiel ein medizinischer Notfall oder man arbeitet nachts." Wichtig sei, das Risiko durch private Kontakte und Partys zu reduzieren. "Es wird doch mal möglich sein, für ein paar Wochen das Ganze etwas langsamer anzugehen bei einer nationalen Katastrophe", so Söder.