Die Corona-Berichterstattung der deutschen Medien wird laut Allensbach-Chefin Renate Köcher von der Bevölkerung immer kritischer gesehen.
"Wir haben kürzlich erfragt, was sich für die Menschen durch die Krise verändert hat. Unter anderem zogen rund 40 Prozent die Bilanz, dass sie die Berichterstattung der Medien jetzt kritischer sehen als vor der Krise", sagte die Meinungsforscherin dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe).
Köcher nannte den Befund "bemerkenswert, da die Medien in den ersten Wochen der Krise, als der Informationsbedarf besonders groß war, ein sehr positives Zeugnis ausgestellt bekamen".
Ihre Erklärung: "Wenn ein Thema über viele Monate dermaßen dominiert und Ängste stimuliert, stumpft fast zwangsläufig ein Teil ab, während andere psychisch außerordentlich belastet werden."
Eine "große Rolle" spiele in diesem Zusammenhang vor allem das Fernsehen. Ohnehin habe sich die Stimmung verschlechtert. In der mittleren Generation der 30- bis 59-Jährigen ziehe "inzwischen die Hälfte die Bilanz, dass es ihr schlechter geht als vor Corona – und zwar nicht materiell, sondern psychisch, von dem ganzen Lebensgefühl her".
Auch Hoffnungen, die Coronakrise führe zu einem neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt, hätten sich nicht bewahrheitet: "Eine Gesellschaft, die sich fürchtet und deshalb abkapselt, wird in der Regel nicht als besonders solidarisch erlebt. Die Mehrheit hat vielmehr den Eindruck, dass Ängste, Egoismus, teilweise auch Aggressivität und Ungeduld zugenommen haben und nicht die Solidarität und Hilfsbereitschaft."
Die Bilanz der Allensbach-Chefin: "Die Gesellschaft wird als kälter und ungemütlicher empfunden." Wie weit sich das Land generell durch die Krise verändere, hänge nun wesentlich davon ab, wie lange der Ausnahmezustand noch dauert. "Aber schon jetzt ist klar, dass viele Existenzen vernichtet sind."
Foto: Mikrofone von Journalisten, über dts Nachrichtenagentur