Schwarzfahren in Bussen und Bahnen soll teurer werden. Der Bundesrat wird heute die Erhöhung des sogenannten erhöhten Beförderungsentgeltes (EBE) von 40 auf 60 Euro verabschieden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) spricht sich gegen diese Erhöhung aus, solange Fahrgäste an Ticketautomaten scheitern und über Tarifstrukturen verzweifeln.
Via Verbraucherzentrale
Die höhere Strafe fürs Schwarzfahren ist für den vzbv ein falsches Signal, solange Fahrgäste landauf, landab unter überfüllten Fahrzeugen und schlechten Informationen leiden – und das nicht nur während des Streiks. „Unübersichtliche Fahrpläne und Tarifstrukturen zerren an den Nerven der Verbraucher, und spätestens am Fahrkartenautomaten wird der Nahverkehr zum Abenteuer“, sagt Marion Jungbluth, Teamleiterin Energie und Mobilität beim vzbv. Fahrkartenautomaten, die nicht verständlich seien, könnten leicht dazu führen, dass unbeabsichtigt der falsche Fahrschein gelöst wird. Jungbluth: „Die Strafgebühr für Schwarzfahrer darf erst erhöht werden, wenn jeder in der Lage ist, den richtigen Fahrschein zu lösen.“
Unbeabsichtigtes Schwarzfahren keine Seltenheit
Busse und Bahnen sind für Verbraucher eine wichtige Alternative zum Auto. Die Erhöhung der Schwarzfahrer-Strafe ist nach Ansicht des vzbv eine zusätzliche Hürde, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu nutzen. Denn viele Fahrgäste öffentlicher Verkehrsmittel werden unbeabsichtigt und unerwartet zu angeblichen Schwarzfahrern. Das kann schon passieren, wenn das Firmenticket nicht unterschrieben ist, Schüler keinen gültigen oder lesbaren Schülerausweis plus Trägerkarte dabei haben, Pendler den aktuellen Monatsabschnitt vergessen oder der Fahrkartenautomat an der Haltestelle defekt ist.
Touristen, egal ob aus dem In- oder Ausland, sind häufig nicht in der Lage, am Automaten einen richtigen Fahrschein zu lösen, weil Tarifsystem und Ticketwahl zu kompliziert sind. Jeder fünfte Schüler hatten in der Pisa-Studie Schwierigkeiten, an einem unbekannten Fahrkartenautomaten passende Fahrscheine zu kaufen. Jungbluth: „Tarife und Vertrieb im ÖPNV müssen vereinfacht werden, damit sich unbeabsichtigtes Schwarzfahren besser vermeiden lässt.“
Ein weiteres Problem: Oft wird bei Kontrollen nicht unterschieden zwischen vorsätzlichen Schwarzfahrern und Kunden, die fahrlässig und unbeabsichtigt den Fahrschein nicht lösen, nicht entwerten oder mit einem falschen Fahrschein unterwegs sind. Es wird jeweils das erhöhte Beförderungsgeld in ganzer Höhe, also in Zukunft 60 Euro, fällig. „Eigentlich zahlungswillige Fahrgäste dürfen nicht kriminalisiert werden“, so Jungbluth. Eine Kulanzregelung müsse in allen Verträgen verbindlich vorgeschrieben und das Personal entsprechend geschult werden. Die Einnahme des erhöhten Beförderungsentgelts sollten zudem vorrangig für die Verbesserung und Vereinfachung des Zugangs zum ÖPNV eingesetzt werden. Ziel müsse es sein, dass die Verkehrsunternehmen Tarif- und Vertriebssystem so kundenfreundlich gestalten, dass unbeabsichtigtes Schwarzfahren kaum noch eine Rolle spielt.